Vicenza

[603] Vicenza, Hauptstadt der gleichnamigen Provinz des lombard.-venetian. Königreichs, hat 34,000 Einw. und liegt am schiffbaren Bacchiglione, der hier den Recone aufnimmt, in einer sehr fruchtbaren Ebene, die man deshalb sonst, wo V. venetian. war, den Garten und das Schlachthaus von Venedig nannte. Vier Brücken verbinden die von den genannten Gewässern getrennten Theile der Stadt, welche mit doppelten Mauern umgeben ist, eine Meile im Umfange hat, zwar viele enge und krumme Straßen, aber viele schöne Gebäude besitzt, unter welchen die von dem hier geborenen großen Baumeister Andrea Palladio allgemein berühmt sind. Die schönsten seiner Meisterwerke sind das von Marmor aufgeführte Rathhaus, welches an dem länglich viereckigen, mit Säulen verzierten Markte liegt und dessen zwei untere Stockwerke mit Arcaden, Statuen, Basreliefs und anderer Bildhauerarbeit geziert sind; das nach dem Muster der Alten erbaute olympische Theater; zwei schöne Thore, deren eines nach einer Promenade, das andere zu dem nahen Monte Berico führt, auf welchem ein berühmter Wallfahrtsort, das Kloster Madonna del Monte liegt, zu dem ein 2000 F. langer Bogengang und eine Marmortreppe von 195 Stufen den Zugang bilden. Auch eine Brücke, sowie viele Paläste von V. rühren von Palladio her, außer welchem die ebenfalls hier geborenen ausgezeichneten Baumeister Vincenzo Scamozzi und Ottone Calderari nicht minder zur Verschönerung ihrer Vaterstadt beigetragen haben. Diese ist der Sitz eines katholischen Bischofs, der höchsten königl. und Provinzialbehörden, mehrer ausgezeichneter Bibliotheken, einer Akademie, mehrer höherer Bildungsanstalten und gelehrter Vereine. Seidenspinnerei und Seidenfabriken, Gerbereien, Fayence-, Gold- und Silberwaarenfabriken und Handel sind die Hauptnahrungsquellen der Einw., denen man sonst nachsagte, daß sich auch die gemeinsten Bürger als Grafen (Conte vicentino) unterzeichneten, wofür denn freilich auch ein Sprüchwort V. als die Heimat armer Grafen bezeichnet. Die Gründung der Stadt wird um 600 v. Chr. den Euganeern, einem Alpenvolke, zugeschrieben, im Übrigen theilte sie so ziemlich die Schicksale des 30 ital. Meilen davon entfernten Verona, unterwarf sich 1304 der Republik Venedig und kam nach deren Auflösung 1796 unter östr. Herrschaft, der es zwar durch Napoleon wieder entzogen, 1814 aber zurückgegeben wurde. – Armand Augustin Louis de Caulaincourt, Herzog von Vicenza, geb. 1773, ein Sohn des Marquis de Caulaincourt, gehört zu den ausgezeichneten franz. Oberoffizieren und Staatsmännern aus der Zeit der Revolutionskriege und des Kaiserreichs, und besaß auch die Achtung des Auslandes. Namentlich schenkte ihm der Kaiser Alexander von Rußland, bei welchem er wiederholt diplomatische Sendungen vollzog und dann als franz. Gesandter beglaubigt war, sein Vertrauen. Während mehrer Feldzüge und auch in Rußland befand er sich in Napoleon's nächster Umgebung, kehrte mit ihm nach Paris zurück, unterhandelte 1813 mit den Verbündeten zu Prag, 1814 zu Chatillon und schloß auch den Vertrag über Napoleon's Entsagung zu Fontainebleau. Bei dessen Rückkehr von Elba wurde er Minister des Auswärtigen, entging nach der zweiten Abdankung desselben nur durch Verwendung mächtiger Freunde der Verbannung und blieb dann bis an seinen 1827 erfolgten Tod allen öffentlichen Geschäften fremd.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 603.
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