Gift

[681] Gift, jeder Stoff, der, dem lebenden Körper einverleibt, auf diesen schädliche Wirkungen ausübt und unter Umständen den Tod herbeiführt. Die chem. wirkenden ätzenden G. zerstören das organische Gewebe: viele Metallverbindungen, starke Säuren und Alkalien, einige Pflanzensäfte (Wolfsmilch, Koloquinten, Gummigutti u.a.) und wenige Tierstoffe (Kanthariden, Schlangen-G.). Die narkotischen G. bewirken nach vorübergehender Reizung völlige Lähmung des Nervensystems (Nerven-G.) und damit den Tod: Opium, Schierling, Bilsenkraut, Belladonna, Krähenaugen, Blausäure, erstickende Dämpfe. Die reizend-narkotischen G. vereinigen beide Wirkungen: Fingerhut, Mutterkorn, Chloroform, Äther u.a. Die septischen oder zymotischen G. rufen fäulnis- und gärungsähnliche Wirkungen hervor: das Fischgift, giftige Stoffwechselprodukte (Toxine) der Bakterien. Die Gegen-G. oder Antidota sind für jedes G. verschieden; gegen Säuren nimmt man Alkalien (kohlensaures Natrium, Magnesia), gegen ätzende Alkalien verdünnte Säuren (z.B. Essigsäure), gegen Arsenik ein frisch bereitetes Gemisch von Eisenoxydhydrat und Magnesiahydrat, gegen Sublimat Eiweiß, Stärkemehl, gegen Narkotika schwarzen Kaffee, Zitronensäure. Die möglichst schnell auszuführende Entfernung des G. aus dem Körper geschieht durch Brechmittel oder durch die Magenpumpe, bei Wunden durch Ätzmittel, durch Glüheisen oder durch Aussaugen. Handbücher der Giftlehre oder Toxikologie von Husemann (1862-67), Mohr (1874), Hendeß (1880), Lewin (1897), Kobert (1902-4). – Im Hausierhandel ist der Vertrieb von G. verboten, gewisse G. dürfen nur in Apotheken gehalten werden. In den meisten deutschen Bundesstaaten darf G. nur mit polizeilicher Erlaubnis zubereitet, feilgehalten, verkauft oder sonst andern überlassen werden. Zuwiderhandlungen sind mit Geldstrafe oder Haft bedroht (Deutsches Strafgesetzb. § 367).

Quelle:
Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1. Leipzig 1911., S. 681.
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