Abrantes, Laurette

[26] Abrantes, Laurette, Herzogin von, Witwe des Marschalls Junot, von mütterlicher Seite aus dem Stamme der griechischen Kaiserfamilie der Komnenen, geboren zu Montpellier, d. 6. Nov. 1784, die Tochter des Finanziers Permon, eine der ausgezeichnetsten Frauen der neueren Zeit. Napoleon, mit der Familie Permon mannichfach befreundet, lernte sie schon als Kind kennen. Sie genoß eine sorgfältige Erziehung, verheirathete sich später mit dem General Junot, und wurde, nachdem ihn Napoleon zum Herzog erhoben und bereichert hatte, zur Palastdame der Mad. Lätitia Bonaparte ernannt. Gleich ausgezeichnet durch Geist und Schönheit, kam sie in dieser Eigenschaft mit dem großen Manne in mannichfache Berührung, und schmückte den Kreis jener holden, an Anmuth und Seelenkräften reichen Frauen, welche das Haus des Consuls und den Hof des Kaisers vielfach verschönerten. Von Natur mit vieler Lebhaftigkeit ausgestattet, voll kleiner Leidenschaften und großer Talente, vereinigte sie mit der feurigsten Auffassung eine seltene Beobachtungsgabe, die sie auf ihren Reisen durch einen großen Theil von Europa, wohin sie ihrem Gatten auf seinen Feldzügen folgte, auszubilden Gelegenheit hatte. Mit den größten Männern ihrer Zeit in Berührung, mit vielen verwandt und befreundet, spielte sie durch ihre Individualität, wie durch ihre Stellung eine nicht unwichtige Rolle. Sie hat die Revolution, das Consulat, den Glanz und Fall der Napoleon'schen Zeit in der Nähe gesehen und die Wogen jener Ereignisse trugen auch sie mit wechselndem Glücke. Durch übermäßigen Aufwand in ihrem Vermögen zerrüttet, verarmte sie nach der Restauration, und der Fall des gewaltigen Eroberers drängte auch sie, wie viele Andere, von der glänzenden Höhe in den Hintergrund des Privatlebens zurück. Ihr Gatte starb bereits 1813. In ihren Memoiren (deutsch: Leipz. allgem. niederl. Buchh. 1831–34), welche diese denkwürdige Zeit umfassen, hat sie auf eine eben so anziehende als geistreiche Art von den wichtigsten Personen derselben und deren öffentl. und Privatverhältnissen Rechenschaft gegeben.[26] Ihre Schriften (der Amirante v. Castilien, der Engel des heil. Johannes etc.) gehören zu den beliebtesten der dichtenden Pariser Frauenwelt. – Wenn auch der äußere Glanz durch jene Katastrophe von ihr gewichen, so folgte ihr doch der Glanz der Anmuth, des Geistes und der Liebenswürdigkeit in ihre einfache Wohnung; und so vereinigt sie noch jetzt in ihrem Salon die trefflichsten Talente von Paris: Gelehrte, Dichter, Musiker und Künstler verschiedener Fächer von Bedeutung. In diesen Kreisen waltet sie, noch jetzt durch äußere Reize geschmückt, mit allem Zauber der seltensten Unterhaltungsgaben: der liebenswürdigsten Coquetterie und witzigsten Laune. Gegenwärtig besorgt sie die Herausgabe der: Femmes célèbres de tous les pays, leurs vies et leurs portraits.

–n.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 1. Leipzig 1834, S. 26-27.
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