Catalani, Angelica

[297] Catalani, Angelica. Lange Zeit prangte diese Sängerin als Stern erster Größe am Kunsthimmel, setzte – man kann sagen – ganz Europa in Erstaunen und schied von dem Schauplatze ihres Ruhmes noch bewundert von einer spätern Generation, die in den Trümmern der verschwundenen Herrlichkeit den einstigen Glanz des großen und seltenen Talentes verehrte. – Sie wurde 1787 zu Sinigaglia im Kirchenstaate geboren. Schon als Kind, wo sie im Lucienkloster zu Rom bei der Messe sang, erregte sie solche Bewunderung, daß der Beifall der versammelten Menge die Andacht des Gottesdienstes störte und der Papst sich bewogen fühlte, ihre Mitwirkung beim Kirchengesange zu untersagen. Sie betrat 1799 das Theater, war dann fünf Jahre lang in Lissabon bei der italienischen Oper, ging hierauf nach Madrid und Paris, und galt von da an für die erste Sängerin ihrer Zeit Ihre größten Triumphe feierte sie in London und später auf ihren Kunstreisen durch die ersten Städte Europa's. In der genannten Stadt war sie 8 Jahre mit einem jährlichen Gehalte von 96,000 Franken angestellt. Sie übernahm später die Direction der italienischen Oper zu Paris, bereiste Belgien, Deutschland, Rußland, Polen, England, Schottland etc. Der Ruhm ihres Talentes drang sogar bis in die entferntesten Winkel entlegener Provinzen und von hier strömten die Bewohner viele Meilen weit nach der Hauptstadt, wenn von da aus die Kunde ihrer Ankunft erscholl. Sie setzte hohe Preise, die man gern und willig zahlte, um sich einen in der That seltenen Genuß zu verschaffen. So kam es, daß sie ein Vermögen von[297] mehrern Millionen erwarb und im Genusse ihres Reichthums auf den wohlerworbenen Lorbern ausruhen kann. Seit 1830 hat sie sich in das Privatleben zurückgezogen und bewohnt im Sommer ihre reizende Villa bei Florenz. Hier hat sie eine Gesangschule für arme Mädchen errichtet, welche sie unentgeldlich für die Kunst heranbildet, als einzige Bedingung ist festgestellt, daß jede ihrer Schülerinnen später den Namen Catalani ihrem eigenen Familiennamen hinzufügen muß. So lebt sie noch in der Erinnerung gefeiert fort. Ihre Stimme war umfangreich, glockenhell, stark, geschmeidig, jedes Ausdrucks fähig. Ihre Coloraturen rollten wie Perlen dahin; im getragenen Gesange schwebten die Töne majestätisch einher, und brachten eine so imposante Wirkung hervor, daß das münchener Publikum, als sie die Arie: io sono regina im Theater sang, unter donnerndem Beifall laut ausrief: »Si in verità, – una regina!« – Sie war mit einem Hauptmann Valabrenga verheirathet, von dem sie sich später aber trennte. Sie hat zwei Söhne und eine Tochter. Erstere führen nebst dem Familiennamen Valabrenga auch den der Catalani. – Jedes ihrer Kinder ist im Besitz einer Million Franken.

–n.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 2. Leipzig 1834, S. 297-298.
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