Gonzaga, Lucretia von

[466] Gonzaga, Lucretia von, Lucretia von, die unter den Gelehrten des 16. Jahrhunderts eine der ruhmvollsten Stellen einnimmt, erregte schon als Kind die Bewunderung der ausgezeichnetsten Sprachforscher[466] durch die seltene Fertigkeit, mit der sie in die klassischen Sprachen und in den Geist ihrer Dichter und Schriftsteller eingedrungen war. Je weniger Freuden ihr das Leben bot, desto eifriger wandte sie sich den Wissenschaften zu. Tochter des Grafen Pyrrhus von Gazzuola, vermählte sie sich nach dem Wunsche ihres Vaters mit Johann Paul Manfroni, dem Befehlshaber der venetianischen Heeresmacht. Dieier hatte sich in eine Verschwörung gegen den Herzog von Ferrara eingelassen, fiel aber in dessen Hände und wurde 1546 zum Tode verurtheilt. Seine edle Gemahlin erlangte durch unablässige Bitten und Verwendungen die Begnadigung, sein Urtheil wurde in lebenslängliches Gefängniß umgewandelt, das Lucretia bis zu seinem Tode 1552 mit ihm theilte. So wurde denn das letzte Band zerrissen, mit dem sie noch bis dahin an die Welt geknüpft gewesen war, von vier Kindern, die sie beglückt hatten, waren nur zwei Töchter am Leben geblieben; Lucretia ließ sie im Kloster erziehen und brachte selbst den Abend ihres Lebens in der strengsten Abgeschiedenheit zu, abwechselnd mit den Wissenschaften und Uebungen der Buße und Erbauung. Die namhaftesten Gelehrten der damaligen Zeit, mit denen sie in Verbindung stand, feierten sie in Gedichten; sie selbst ließ 1565 einen Band Briefe erscheinen, die jedoch von vielen dem Ortensio Landi zugeschrieben werden. Lucretia von Gonzaga starb am 2. Februar 1576.

R.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 4. [o.O.] 1835, S. 466-467.
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