Luisenorden

[444] Luisenorden. In der Zeit, wo der große Kampf für Freiheit und Recht ganz Preußen beseelte, blieben auch die Frauen nicht zurück, sondern bethätigten ihren Patriotismus durch die schwersten Opfer und eine Selbstverläugnung, die zu der lautesten Anerkennung und Bewunderung auffordert. Friedrich Wilhelm III. von Preußen, durch so mannichfaltige Beispiele von Seelengröße, Muth und Vaterlandsliebe bewogen, stiftete am 3. August 1814 den Orden, der dadurch, daß er den Namen seiner unvergeßlichen Gemahlin tragt, nur um so ehrenvoller wird, und weihte ihn den Frauen, [444] die in ihrem beschränkteren Wirkungskreis doch mit eben so regem Eifer, wie die Männer, Theil an den Vorgängen einer vielbewegten Zeit genommen, und ihre Kraft, so wie ihren redlichen Willen, auf die würdigste Weise bewährt hatten. – »Als die Männer unserer tapferen Heere für das Vaterland bluteten,« heißt es in der Stiftungsurkunde, »fanden sie in der pflegenden Sorgfalt der »Frauen Labsal und Linderung. Glaube und Hoffnung gab den »Müttern und Töchtern des Landes die Kraft, die Besorgniß um »die Ihrigen, die mit dem Feinde kämpften und den Schmerz um »die Verlorenen, durch ausdauernde Thätigkeit für die Sache des »Vaterlandes zu stillen, und ihre wesentlichen Hilfsleistungen für den »großen Zweck wurden nirgends vermißt. Unmöglich ist es, diese »Handlungen des stillen Verdienstes bei Allen öffentlich zu ehren, »die ihr Leben damit schmückten, aber wir fanden es gerecht, den-»jenigen unter ihnen eine Auszeichnung zu verleihen, deren Verdienst »besonders anerkannt ist.« Keiner von allen bestehenden Orden für Frauen darf sich wohl eines so edlen Ursprungs rühmen, als der Luisenorden, der nicht eine Zierde der Eitelkeit, sondern ein Lohn der wahren Verdienste um die leidende Menschheit und um das Vaterland ist. Ob diese Verdienste auf dem Throne glänzen, oder die niedere Hütte schmücken, darnach fragen die Statuten nicht; sie begnügen sich, es anerkennend auszuzeichnen, wo sie es auch finden. Kein äußeres schimmerndes Attribut ist mit ihm verbunden; wie seine Entstehung und seine Bestimmung schon und edel ist, so sind seine Zeichen anspruchslos und bescheiden. Ein kleines goldenes Kreuz, schwarz emaillirt, wird an dem schwarz und weißen Bande, dessen auch der Orden des eisernen Kreuzes sich bedient, vermittelst einer einfachen Schleife auf der linken Brust getragen. Auf beiden Seiten desselben befindet sich in der Mitte ein runder himmelblauer Schild, auf welchem vorn ein von einem Sternenkranze umgebenes I. steht. Auf der andern Seite liest man die Jahreszahlen: 1813–1814 Damit die Erinnerung an vaterländische Tugend und Selbstverlängnung[445] nicht in den Familien verlösche, wo sie einst so edle Früchte trug, wird dieses Ordenszeichen nach dem Tode der Besitzerinnennicht zurückgegeben, wie es bei anderen Orden üblich ist, sondern darf aufbewahrt werden zum Andenken, wie das Vaterland nicht nur die Tapferkeit und Treue seiner Krieger, sondern auch die edle Wirksamkeit des zarteren Geschlechts zu ehren und zu belohnen wußte. Ein aus vier Frauen und einer Vorsitzenden bestehendes Kapitel bestimmt die Auswahl neuer Mitglieder, deren erstes Erforderniß ist, durch Geburt, Heirath oder Nationalisirung dem preußischen Staate anzugehören. Der König selbst aber bestätigt jedes Mal erst die Auswahl; dann erfolgt die Ausfertigung von der Vorsitzenden unterzeichnet. Höher als hundert soll die Zahl der Ordensbesitzerinnen nicht steigen. Zur Geschäftsführung ist dem Kapitel ein Assistent beigegeben.

A.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 6. [o.O.] 1836, S. 444-446.
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