Sophonisbe, Königin von Numidien

[304] Sophonisbe, Königin von Numidien, Königin von Numidien, die Heldin so vieler altfranzösischen Tragödien, war von ihrem Vater, Hasdrubal, im glühendsten Hasse gegen das damals allmächtige Rom erzogen worden. Nicht vermochte sie als Weib, wie Hannibal im gleichen Sinne die Krieger Afrika's feindlich nach Italien zu führen; aber im Vaterlande selbst that sie Alles, um durch die gefährliche Waffe ihres Geschlechts, der Reize Macht, Rom zu schaden, indem sie ihm die Bundesgenossen abtrünnig machte. Dem jugendlichen, sie anbetenden Könige Massinissa verlobt, entsagte sie dieser Verbindung, weil sie ihren Zweck bei dem schon alternden Syphax zu erreichen hoffte und vermählte sich mit diesem. Auf ihr Anstiften begann auch wirklich Syphax Feindseligkeiten gegen Rom, ward aber bald von Lälius, dem sich der verschmähte Massinissa angeschlossen hatte, besiegt. Eingedrungen in Cirta, Sophonisbens Residenz, eilte Letzterer voll Rachelust nach[304] ihrem Palaste, um die Ueberwundenen, jetzt Roms Sclaven, furchtbar zu demüthigen; aber mit holder Majestät trat ihm die einst Heißgeliebte entgegen und entwaffnete bald durch kluges Schmeicheln seinen Zorn. Der Sieger lag von Neuem zu den Füßen der Besiegten und drang in sie, da Syphax ohnedem verloren sei, sich ihm zu vermählen, indem er nur dadurch ein Recht gewinne, sie Roms Ansprüchen zu entziehen. Sophonisbe, in der schrecklichen Alternative entweder als Sclavin nach Rom zu wandern, oder dieß Anerbieten anzunehmen, wählte das Letztere. Syphax, doppelt verrathen, klagte sie mittlerweile bei dem römischen Feldherrn als die alleinige Ursache seines Abfalls an, und Scipio stellte es hierauf dem Massinissa frei, ob er Sophonisben ausliefern, oder selbst als Treubrüchiger bezeichnet und bekriegt werden wolle. Erschreckt durch diese Drohung sandte Massinissa der Gemahlin den Giftbecher, als das Einzige, was ihr bliebe, um sich der Sclaverei zu entziehen. Seelenstark, wie sie sich immer gezeigt hatte, ergriff die Fürstin das unheilvolle Gefäß und sprach, ehe sie es leerte, zu dem Diener, der es gebracht Ich nehme dieß Hochzeitgeschenk an, wenn es wahr ist, daß ein Gemahl nicht mehr für die Gemahlin thun kann; sage aber deinem Herrn, daß ich ruhmwürdiger das Leben verlassen hätte, wenn meine Leichenfeier nicht auf unsere Vermählung gefolgt wäre. Der römische Geschichtsschreiber Titus Livius berichtete der Nachwelt diese inhaltschweren Worte der merkwürdigen Frau, und ein neuerer Autor faßt ihr wunderbar trauriges Geschick in folgende Worte zusammen: »Sophonisbe verlor an einem Tage die Krone und gewann sie wieder, derselbe Tag nahm und gab ihr einen Gemahl, führte sie vom Throne in die Sclaverei, hob sie wieder auf den Thron, um sie zum zweiten Male noch schmählicher herabzustürzen.« Ein jäherer Glückswechsel läßt sich wohl kaum denken.

F.

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Damen Conversations Lexikon, Band 9. [o.O.] 1837, S. 304-305.
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