[105] Katharina Pawlowna, Königin von Würtemberg, verewigte Königin von Würtemberg, Tochter Kaisers Paul I. und Schwester des jetzt regierenden Kaisers von Rußland, geb. den 22. Mai 1788 in dem unweit Petersburg gelegenen Lustschlosse Czarskoe-Selo, eine Fürstin, gleich ausgezeichnet durch weibliche Tugenden, wie durch männliche Kraft, hatte das Glück, ihre ungewöhnlichen Geistesfähigkeiten durch die weise Fürsorge ihrer Großmutter, der Kaiserin Katharina (s. d.), ausgebildet zu sehen. Schon zu der Zeit, wo noch Tändelei und Spiel die liebsten Gefährten der Kindheit sind, zeigte sie eine seltene Beharrlichkeit für ernstere Beschäftigungen, ohne daß jedoch die Ausbildung ihres Herzens unter der Herrschaft, die ihr Geist zu behaupten wußte, zurück geblieben wäre, oder der Sinn für achte Weiblichkeit, Tugend und Religion darunter gelitten hatte. So verfloß in ungestörtem Frieden ihre Jugend, bis im Jahre 1809 die Liebe ihr einen neuen Wirkungskreis schuf. Der Neigung ihres Herzens folgend, verlobte sie sich am 13. Januar dieses Jahres mit dem Prinzen Georg von Holstein-Oldenburg, feierte ihre Vermählung am 30. April und folgte ihrem Gemahl nach Twer, dem Sitze des ihm angewiesenen Gouvernements. Hier erschien Katharina als einfache Hausfrau, die in ihren Pflichten zugleich ihre Freuden findet, und die in dem Kreise, der sie umgibt, nichts zu gering achtet, um es nicht ihrer Aufmerksamkeit und Sorgfalt werth zu halten. Sie begleitete ihren Gemahl auf seinen vielen Reisen und sammelte sich hierbei nicht nur mannichfaltige Kenntnisse, sondern ward auch die Wohlthäterin Aller derer, welche hilfesuchend ihr nahten. Die Geburt ihres ersten Sohnes, Alexander, am 30. Aug. 1810, erhöhte nur das häusliche Glück des Fürstenpaares und nichts trübte dessen Frieden, bis der Krieg von 1812 ausbrach. Das allgemeine [105] Aufgebot zur Vertheidigung des Vaterlandes fand in ihnen eine kräftige Stütze. Während der Prinz mit Organisirung des Landsturms beschäftigt war, bildete Katharina aus ihren eigenen Bauern ein Bataillon, forderte überall zur Nacheiferung auf, trug Sorge für die Kranken und linderte das Loos der Gefangenen. Mitten unter diesen Beschäftigungen ward sie am 20. Aug. 1812 von ihrem zweiten Sohne, Peter, entbunden. Nach jenem denkwürdigen Rückzuge der Franzosen kehrte auch der Herzog von Oldenburg mit seiner Gemahlin nach Twer zurück, fand aber dort am 20. Decbr. 1812, beim Besuch der Spitäler vom Nervenfieber angesteckt, seinen Tod. Unendlich war der Schmerz Katharina's bei diesem Verluste. Sie reiste unmittelbar darauf nach Petersburg, um im Kreise ihrer Verwandten Linderung zu suchen, und begab sich im Frühjahr nach Böhmen, um die dortigen Bäder zu gebrauchen. Während einer 2jährigen Entfernung von der Heimath unternahm sie mehrere Reisen durch Deutschland, wohnte dem Congresse zu Wien bei, ging von da über Holland nach England und sammelte namentlich dort einen reichen Schatz des Wissens im Gebiete der mechanischen Künste. Diese verschiedenartigen Zerstreuungen übten auf Körper und Geist der edlen Frau den wohlthätigsten Einfluß, und als sie die zweite Einnahme von Paris erfuhr, legte sie zum ersten Male die bis dahin getragenen Trauerkleider ab. In London machte K. Bekanntschaft mit dem Kronprinzen von Würtemberg, besuchte in seiner Gesellschaft Oxford, reiste, von ihm begleitet, nach Calais, begab sich von da über Brüssel abermals in die böhmischen Bäder, und kehrte endlich im October 1815 nach Petersburg zurück. Bald darauf folgte ihr der Kronprinz. Ihre Herzen hatten im Stillen den zärtlichsten Bund geschlossen, am 9. Januar 1816 erfolgte die Verlobung und am 24. d. M. die Vermählung. Am 15. April hielt Katharina ihren Einzug in Stuttgart, wohin der Ruf ihres Geistes und ihrer Liebenswürdigkeit längst vorangeeilt war und durch ihre persönliche Erscheinung nur übertroffen wurde.[106] Um dem Lande eine Mutter im vollsten Sinne des Wortes zu werden, unterrichtete sich K. jetzt auf das Gewissenhafteste von dessen Verhältnissen und Bedürfnissen. Bereits im ersten Jahre ihrer Ehe bestieg sie den Thron, und je höher der Standpunkt war, den sie nun einnahm, um so mehr bemühte sie sich, denselben würdig zu vertreten. Bei großen Gaben des Geistes verschmähte sie es nicht, den Rath Anderer zu benutzen. Musterhafte Anstalten zur Abhilfe der allgemeinen Noth damaliger Zeit verdanken ihr das Entstehen, und was sie geschaffen, das pflegte sie mit mütterlicher Hand. Unter den mancherlei Stiftungen, die sie schuf, nennen wir vorzugsweise nur das Katharinenstift, die Sparkasse, den Wohlthätigkeitsverein und den Landwirthschaftsverein. Ihr häuslicher Kreis, der in jeder Beziehung als Muster dienen konnte, wurde den 17. Juni 1818 durch die Geburt einer Tochter, der Prinzessin Sophie Friederike Mathilde, noch vermehrt. Und als wolle das gütige Geschick ihre letzten Tage noch mit allen Blumen schmücken, empfing sie bald darauf den Besuch ihrer Mutter, der Kaiserin, und am Ende des Jahres den ihrer Brüder, des Kaisers Alexander und des Großfürsten Michael. Wer Katharinen damals sah, konnte nicht ahnen, daß dieß die letzten Freuden sein würden, welche ihr das Schicksal vergönnte, und als ihre Lieben schieden, schienen süße Hoffnungen des Wiedersehens den Schmerz der Trennung zu mildern. Diese gingen leider nicht in Erfüllung, denn bereits in den ersten Tagen des Jahres 1819 wurde die Fürstin von einem leichten rheumatischen Fieber befallen, zu dem am 7. Januar die Gesichtsrose kam, ohne daß man jedoch etwas fürchtete. Allein 2 Tage darauf warf sich die Krankheit auf das Gehirn und ein Schlagfluß beendete so plötzlich ihr Leben, daß sie selbst ihrem Gemahl und ihren Kindern nicht das letzte Lebewohl sagen konnte. Ganz Würtemberg empfand den Verlust, den es erlitten, innige Trauer verbreitete sich über das Land, aber in Tausenden von Herzen hatte sich Katharina ein Denkmal errichtet, das mit der Zeit nicht untergehen wird
A.
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