Sadducäismus

[12] Sadducäismus, der Gegensatz zum Pharisäismus. diesem gegenüber ursprünglich wohl die Reinheit der Gesinnung und die freie sittliche That erhebend, seit der Zeit der Ptolemäer unter dem Einflusse griech. Bildung aber dem Epikuräismus und Materialismus sich zuneigend. Stifter der Sadducäer soll ein gewisser Saddok. Schüler des Antigonus von Socho, sein, der im 2. Jahrh. v. Chr. die Behauptung seines Lehrers: man müsse Gott ohne Rücksicht auf Belohnung dienen, dahin erweitert hatte, daß es keine Vergeltung im Jenseits und überhaupt kein Jenseits gebe. Gewiß ist, daß die Sadducäer zu Christi Zeit alle Tradition verwarfen, an Gott aber an keine Engel glaubten, die menschliche Seele für verfeinerte Materie u. für sterblich, die göttliche Gnade und Vorsehung für Irrthum erklärten. Daß bei solchen Ansichten der Streit, ob die Sadducäer der Bibel göttliches Ansehen beilegten oder nicht, ein sehr überflüssiger sei, leuchtet wohl ein. Zum S. hielt gerne die vornehme Welt, deßhalb kam er auch zu vorübergehendem Einfluß, aber im Volke selbst schlug er niemals Wurzel u. wurde mit der Zeit vom Judenthume ausgeschlossen. – Die im 8. Jahrh. n. Chr. auftauchenden Karäer (s. d.) haben mit dem S. fast nur die Verwerfung der Tradition gemeinsam.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1857, Band 5, S. 12.
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