Strasburg [1]

[352] Strasburg, besser Straßburg, Hauptstadt des franz. Departements Niederrhein, 2/3 St. vom Rheine gelegen, an der Ill und Breusch, Festung ersten Rangs, mit einem Arsenal zur Ausrüstung von 2 Armeen, Geschützgießerei, 75000 E., zur Hälfte Katholiken, zur Hälfte Protestanten, Tabaks-, Wollen-, Baumwollen-, Leinen-, Seiden-, Fayence-, Leder- und Waffenfabriken, Bereitung von Senf und Gänsleberpasteten, Gärtnerei u. beträchtlichem Handel, der besonders durch die Eisenbahnverbindungen einen neuen Aufschwung gewinnt. S. ist ein uralter Bischofssitz, hat eine vollständige Universität, Akademie, Lyceum, mehrere Collèges etc., ist Sitz des Oberconsistoriums für alle franz. Protestanten der Augsburg. Confession. Unter den Gebäuden ist das Münster weltberühmt; den Grund dazu legte Bischof Werner v. Habsburg (1015), von dessen Bau nur die Krypta, der Chor und die Kreuzbalken übrig sind; die 3 Schiffe wurden 1275 in rein gothischem Style aufgeführt; die herrliche Façade und der Thurm sind theilweise von Erwin von Steinbach (s. Erwin) selbst, von [352] seinen Nachfolgern nach seinem Plane erbaut; der 1439 vollendete Thurm ist 438 Pariser Fuß hoch. S. steht auf dem Platze des römischgallischen Argentoratum, wurde in der Völkerwanderung zerstört, unter den Karolingern und Merowingern wieder ein wichtiger Platz, unter den deutschen Kaisern eine der angesehensten und blühendsten Reichsstädte, 1681 aber dem ruinirten deutschen Reiche von Ludwig XIV. mitten im Frieden weggenommen. Der Bischof war früher Reichsfürst und das Stiftsgebiet umfaßte auf beiden Rheinufern 23 QM. mit 30000 E. Die Revolution änderte alle diese Verhältnisse; seit 1801 umfaßt die Diöcese die franz. Depart. Ober- und Niederrhein mit ungefähr 800000 Seelen.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1857, Band 5, S. 352-353.
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