Grubenausbau [2]

[634] Grubenausbau, eiserner (Eisenausbau), vertritt in neuerer Zeit, nachdem das Eisen wohlfeiler geworden ist, die Grubenzimmerung (s.d.) namentlich dort, wo diese leicht fault. Sehr starker Gebirgsdruck verbiegt auch starken Eisenausbau, dessen Entfernung behufs Erneuerung schwierig ist; auch ist zu berücksichtigen, daß Eisenausbau durch saure Grubenwasser schnell zerstört wird.

Besonders häufig wird die beim Firstenbau (s.d.) nötig werdende Verwahrung der Streckenfirste in Eisen ausgeführt; als Stempel K (s. Fig. 1) dienen alte Landeseisenbahnschienen, darüber werden als Verzug v Schienen von schwächerem Profil, z.B. Grubenschienen, gelegt und das Ganze durch flache Gesteinstücke c abgedeckt, auf die dann der Bergeversatz B gestürzt wird.

In neuester Zeit wurden erfolgreiche Versuche mit Grubenstempeln aus Mannesmann-Stahlrohren (Patent Sommer) beim Pfeilerbau (s.d.) auf Steinkohlengruben gemacht [1] (Fig. 2 und 3). Sie bestehen aus zwei teleskopartig ineinander verschiebbaren Rohren A und B, die durch eine federnde Schelle s gegeneinander festgestellt werden können. Das weitere Rohr ist unten durch eine Fußplatte verschlossen oder läuft in eine stumpfe Spitze aus, auf das engere Rohr ist eine Kopfplatte aufgesetzt, die entweder eben oder ausgekehlt hergestellt wird. Die federnde Schelle s wird, nachdem das engere Rohr eingeschoben ist, von dem angenieteten, oben übergreifenden Stücke t in ihrer Lage erhalten. Durch Anziehen der mit Links- und Rechtsgewinde versehenen Schraube u kann das engere Rohr festgeklemmt und dadurch die Stempellänge in gewissen Grenzen nach Bedarf eingestellt werden. Durch zu starken Gebirgsdruck – im Mittel mehr als 15000 kg – wird die Reibung in der Schelle überwunden und das engere Rohr, ohne daß eine Verbiegung eintritt, in das weitere hineingeschoben. Die[634] eisernen Stempel können durch Zurückdrehen der Schellenschraube wieder gelöst und mehrmals benutzt werden.

Die Herstellung von Türstöcken (s. Grubenzimmerung) aus Eisenbahnschienen findet zuweilen statt, doch erschwert das eigenartige Profil der Kopfschienen die sichere Verbindung der Beine oder Stempel S mit der Kappe K; Fig. 4 zeigt eine Verbindung durch Winkellaschen l, Fig. 5 eine andre Verlaschung, bei der die zur Verbindung nötigen ebenen Flächen dadurch hergestellt werden, daß vom Schienenkopf und Schienenfuß Teile durch Abschroten entfernt sind. – Häufig findet man Türstöcke, deren Kappen aus Eisenbahnschienen, die Stempel dagegen aus Rundholz bestehen (vgl. Fig. 6). Um den Druck der Kappenschiene K gleichmäßig auf die ganze Holzstärke des Stempels S zu übertragen, werden eiserne Unterlagsscheiben angewendet, die an der Innenseite des Stempels umgebogen sind. Bei Seitendruck legt sich der Stempel gegen diesen umgebogenen Lappen und gegen zwei starke Eisenbolzen b, die in Bohrungen des Schienenfußes eingetrieben werden. – Durch Gebirgsdruck verbogene Kappenschienen werden über Tage in Oefen erhitzt und auf einem großen Amboß für erneute Verwendung wieder geradegerichtet. – Da, wo der Eisenausbau in größerem Umfange Anwendung findet, werden Baue aus Doppel-T-Eisen oder U-Eisen fertig abgepaßt nebst sämtlichem Zubehör von den Eisenwalzwerken bezogen. Sie bestehen aus einzelnen Bogenstücken; die Verbindung erfolgt durch Verlaschung, nachdem Versuche mit Muffverbindungen keinen Erfolg hatten.

Für Streckenausbau dienen entweder die offenen oder die geschlossenen Streckengestelle, letztere auch Ellipsen genannt (s. Fig. 7 und 8). Die Verlaschung ist beim Doppel-T-Eisen ähnlich wie bei den Landeseisenbahnschienen, bei dem U-Eisen werden die Laschen l in die hohle Seite eingelegt. Der Verzug v liegt wie bei den hölzernen Türstöcken hinter den Bauen oder wird wohl auch bei dem Doppel-T-Eisen in die Schienenhälse eingebracht.

Schächte, die in Eisen ausgebaut werden sollen, erhalten am zweckmäßigsten kreisrunden Querschnitt. Fig. 9 erläutert den jetzt üblichen eisernen Schachtausbau [2]. Gewöhnlich kann man den Schacht 3–5 m abteufen und baut diesen Teil auf einmal aus. Im richtigen Abstande unter dem bereits vorhandenen Ausbau werden Tragstempel T in die Schachtstöße eingebühnt und auf diese der unterste Schachtkranz oder Ring R verlegt; dieser besteht aus U-Eisen und ist je nach der Eisenstärke derart in Teile zerlegt, daß jeder Teil durch die Mannschaft bequem gehandhabt werden kann. Die einzelnen Teile werden durch Laschen und Steckbolzen verbunden und der Ring sodann nach dem im Schachtmittel hängenden Lote genau zentrisch gegen die Schachtstöße durch Keile, Spreizen oder dergl. festgelegt. Sodann werden die Einstriche E aus Doppel-T-Eisen zur Einteilung des Schachtes, im U-Eisen der Ringe mittels Steckbolzen b und die am Ende umgebogenen Bolzen D aus U-Eisen auf dem Ringe durch Schraubenbolzen befestigt, auf diese der zweite Ring R1 verlegt und so durch weiteren Aufbau der Anschluß an den schon ausgebauten Schachtteil endlich mittels der letzten Bolzen erreicht. Zuletzt wird der Verzug v, der, wie in der Fig. 9 angedeutet, aus eichenen Bohlen, zuweilen aus starkem Eisenblech besteht, hinter den Ringen eingebracht, um die Schachtstöße zu verkleiden. Die Leitungen für die Schachtförderung (s.d.), auch die Buhnen und Fahrten für die Fahrung (s. Fahren) werden zum Teil ebenfalls aus Eisen hergestellt.[635]

Gerade beim Schachtausbau in Eisen kommen dessen besondere Vorzüge zur Geltung: geringer Raumbedarf, schnelle Herstellung, lange Dauer und verhältnismäßig nicht hohe Kosten. Der Preis für den Eisenausbau eines runden Schachtes von 5 m Durchmesser im Lichten beträgt einschließlich der Löhne für den Einbau etwa 400 ℳ. auf 1 m Schachttiefe.


Literatur: Vgl. die Werke über Bergbaukunde. – [1] Preisliste der Deutsch-österreichischen Mannesmannröhrenwerke, Düsseldorf. – [2] Wenderoth, Ueber die Verwendung von Schmiedeeisen beim Grubenausbau in dem Bezirke der Kgl. Bergwerksdirektion zu Saarbrücken; Zeitschr. für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen im preußischen Staate 1878, Bd. 26, S. 290.

Treptow.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2 und 3.
Fig. 2 und 3.
Fig. 4.
Fig. 4.
Fig. 5.
Fig. 5.
Fig. 6., Fig. 7., Fig. 8.
Fig. 6., Fig. 7., Fig. 8.
Fig. 9.
Fig. 9.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 4 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 634-636.
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