Bauchspeichel

[454] Bauchspeichel (pankreatischer Saft), das Absonderungsprodukt der Bauchspeicheldrüse, stellt eine farblose, kleberige Flüssigkeit von alkalischer Reaktion dar, die in der Hitze gerinnt oder sich flockig trübt und außer Eiweißkörpern und anorganischen Salzen (besonders kohlensaurem Natron) drei Enzyme, nämlich: ein Eiweißferment, ein diastatisches Ferment, ein Fettferment, enthält. Das eiweißzerlegende Ferment (Trypsin) kommt in der frischen Drüse nicht fertig gebildet vor; hier findet sich nur seine Muttersubstanz, aus der unter gewissen Bedingungen, z. B. bei der Sekretion, das Ferment entsteht. Das diastatische Ferment ist dem des Mundspeichels ähnlich; es bildet aus Stärke und ähnlichen Kohlehydraten Zucker. Das Fettferment zerlegt Fette in fette Säuren und Glyzerin. Vermöge des Gehalts an diesen drei Fermenten ist der B. der vollkommenste aller Verdauungssäfte, denn seine Wirksamkeit erstreckt sich gleichmäßig auf die wichtigsten Nährstoffe. Als hauptsächlichstes Verdauungsprodukt entstehen aus den Eiweißstoffen Albumosen und Peptone, in spätern Verdauungsstadien Leucin, Tyrosin, Asparaginsäure und Hexonbasen. Das Verdauungsgemisch fault sehr leicht; verhindert man die Fäulnis nicht (durch Zusatz fäulniswidriger Mittel), so zerfallen die Verdauungsprodukte[454] des Eiweißes weiter in Indol, Skatol, Phenol, schließlich in Kohlensäure, Ammoniak etc. Dabei entsteht ein sehr widerwärtiger Geruch. Im Darmkanal findet unter normalen Verhältnissen die Pankreasfäulnis nur in geringem Maße statt. Wie für die Pepsinverdauung, so liegt auch für die Trypsinwirkung die günstigste Temperatur bei Körperwärme. Temperaturen über 60° zerstören das Trypsin. Die Einwirkung des Bauchspeichels auf die Kohlehydrate erfolgt analog der Wirkungsweise des Speichels, doch wirkt der pankreatische Saft viel intensiver; ein Tropfen B. verwandelt beträchtliche Stärkemengen in Zucker. Die Fette werden durch den B. vor der Zerlegung in eine außerordentlich seine und haltbare Emulsion verwandelt. Näheres s. Verdauung.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 454-455.
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