Donizetti

[115] Donizetti, Gaetano, Opernkomponist, geb. 29. Nov. 1797 in Bergamo, gest. daselbst 8. April 1848, machte seine Studien unter Simon Mayr in Bergamo und Padre Mattei in Bologna und widmete sich anfangs bloß der Kirchenkomposition im strengen Stil. Bald jedoch wandte sich sein Interesse der Bühne zu, und bereits 1818 brachte er seine erste Oper: »Enrico di Borgogna«, in Venedig zur Ausführung. Sie gefiel zwar, machte aber ebensowenig größeres Aufsehen wie 19 andre Opern, die er von 1818–28 schrieb. Erst mit dem »Esule di Roma« (1828 in Neapel ausgeführt) hob sich sein Erfolg und sein Ruf. In raschester Folge brachte er nun weiter Oper auf Oper mit steigendem Erfolg (»Gianni di Calais«, »Il castello di Kenilworth«, »Isnelda de' Lambertazzi« u.a.); doch fand noch keine derselben den Weg ins Ausland. Eine neue Periode für D. bezeichnete seine »Anna Bolena«, die erste seiner zu europäischer Berühmtheit gelangten Opern (1831 in Mailand im Wettstreit mit Bellinis »Norma«), der schon 1832 in Mailand »Der Liebestrank« (»L'elisire d'amore«), 1833 in Florenz »Parisima« und in Mailand »Lucrezia Borgia«, 1835 in Neapel »Lucia di Lammermoor« und 1836 in Venedig »Belisario« folgten. D. war inzwischen 1836 zum Kontrapunktprofessor am Konservatorium zu Neapel ernannt worden, gab jedoch diese Stellung 1839 auf, um aufs neue sein Glück in Paris zu versuchen, wo er 1835 in der italienischen Oper mit seinem »Marino Faliero« Bellinis »Puritani« unterlegen war. Diesmal hatte er entschiedenen Erfolg, denn er fand 1840 sowohl in der Großen Oper mit seiner »Favorite« als auch in der Komischen Oper mit seiner »Fille du régiment«, wenn auch nicht beim ersten Erscheinen dieser Werke, so doch bei den spätern Aufführungen, enthusiastischen Beifall. Nachdem er 1842 seine »Linda di Chamounix« für Wien komponiert hatte, erhielt er die Ehrenernennung zum kaiserlichen Hofkapellmeister. Zwischen die genannten und auch noch in die Jahre bis 1841 fallen aber die Erstaufführungen vieler nicht gleich erfolgreicher Opern (im ganzen gegen 70 Opern). Diese aufreibende Tätigkeit führte aber 1844, wo D. abermals von Neapel sich nach Paris wandte, zu einer plötzlichen Umnachtung seines Geistes. Er wurde nun zunächst im Irrenhaus zu Ivry bei Paris untergebracht, dann aber in seine Vaterstadt zurückgeführt, wo er starb. Im September 1897 zur hundertjährigen Geburtsfeier wurde D. in Bergamo ein Denkmal (von Francesco Jerace) enthüllt. D. produzierte mit fabelhafter Leichtigkeit und Schnelligkeit. D. ist in allen seinen Werken durchaus Italiener und folgt den Bahnen Rossinis. Er sorgt in erster Reihe für leichten und bequemen Genuß durch augenblicklich ansprechende und erregende Melodien, doch zeigt er nicht selten auch eine bewundernswerte Tiefe der Empfindung und dramatische Kraft. Unter seinen ernsten Opern sind »Lucrezia Borgia« (1834) und »Lucia di Lammermoor« (1835) unstreitig die besten; unter den komischen verdienen »L'elisire d'amore« (1832), »La fille du régiment« (1840) und »Don Pasquale« (1843) durch ihre Frische und Originalität den Vorzug. – Sein Bruder Giuseppe, geb. 1814, war längere Zeit Direktor der Militärmusik des Sultans in Konstantinopel, wo er 1856 starb. Vgl. die biographischen Skizzen von A. AdamDerniers souvenirs d'un musicien«, Par. 1855), Ciconetti (1864) und V. E. Clemente (1896); »Lettere inedite di G. D.« (hrsg. von Eisner-Eisenhoff, Mail. 1897)

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 115.
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