Herd

[200] Herd, der Ort im Hause, wo Feuer unterhalten wird, daher Symbol des Hauswesens. Der H. (griech. hestia) war den Griechen und Römern heilig und der Göttin Hestia oder Vesta, der jungfräulichen Schwester des Zeus, geweiht; er war bei den erstern der Hausaltar, bei dem die heiligen Eide geschworen wurden. Hilfesuchende (ephestii) mußte der Hausherr schützen, sobald sie den H. berührt oder sich in dessen Asche gesetzt hatten. Bei den Römern fand sich der H. (focus) im Atrium an der hintern Seite des Impluviums. Hier wurde ein brennendes Feuer erhalten, und um ihn herum standen die Bilder der Laren und der Penaten. Bei Familientrauer wurde kein Feuer auf dem H. unterhalten. – In der Rechtssprache bedeutet H., namentlich in Ostfriesland, soviel wie Anwesen. Es werden dort nach der Größe der Gehöfte (Hofraiten) ganze und halbe Herde unterschieden. – In der Technik versteht man bei der mechanischen Aufbereitung der Erze unter H. eine mehr oder weniger geneigte Fläche, über die das zerkleinerte Erz unter Zuführung von Wasser fließt (Kehrherd, Rotierherd, Stoßherd); im Hüttenwesen den Raum, in dem eine Feuerarbeit vor sich geht, dann den Schmelzraum der Schachtöfen zur Gewinnung von Blei, Kupfer etc., endlich die von Bleioxyd durchdrungene Mergelmasse, die zum Überkleiden der Sohle der Treiböfen gedient hat. Herdguß heißt das Eingießen des flüssigen Roheisens in Formen, die vor dem Schmelzapparat in einem Sandbett hervorgebracht sind. – H. auch soviel wie Vogelherd, s. Vogelsang.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 200.
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