Herrenlose Sachen

[232] Herrenlose Sachen sind Sachen, die in niemandes Eigentum stehen. Zu den herrenlosen Sachen rechnet das Bürgerliche Gesetzbuch alle beweglichen Sachen, die deren bisheriger Eigentümer in der Absicht, auf das Eigentum zu verzichten, ausgibt, sodann die wilden Tiere, d. h. alle Tiere, die sich im Zustand ihrer natürlichen Freiheit befinden, im Gegensatz zu den gezähmten und zu den Haustieren, und endlich den ausgeschwärmten Bienenschwarm, der nicht unverzüglich von seinem Eigentümer verfolgt wird (§ 958 bis 964 des Bürgerlichen Gesetzbuches). An diesen herrenlosen Sachen (derelinquierte oder deserierte Güter) wird das Eigentum durch einfache Aneignung, d. h. Besitzergreifung, erworben. Greift dagegen der Aneignende in ein fremdes Aneignungsrecht ein, z. B. Jagdrecht, Fischereirecht, oder ist die Aneignung gesetzlich verboten, z. B. des Bernsteins, des Strandgutes, so ist die Erwerbung des Eigentums an der herrenlosen Sache ausgeschlossen. An herrenlosen Grundstücken dagegen hat nunmehr einzig und allein der Fiskus des Bundesstaates, in dem sie liegen, nach § 928 das Aneignungsrecht. Die Befugnis, Beute zu machen, hängt von der Erlaubnis des Oberfeldherrn ab und erstreckt sich nicht auf das Eigentum der Privatpersonen des Feindeslandes. Vgl. Beute und Prisenrecht.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 232.
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