Kochanowski

[213] Kochanowski, Jan, poln. Dichter, geb. 1530 auf seinem väterlichen Stammgut Sycyna, gest. 22. Aug. 1584 in Lublin, bezog 1544 die Hochschule zu Krakau, 1552 die zu Padua, bereiste Italien und ging 1555 nach Paris, wo er von Ronsard zum Dichten angeregt wurde. Ins Vaterland zurückgekehrt, fand er am Hofe des Krakauer Krongroßkanzlers Padniewski Aufnahme und wurde 1564 durch dessen Vermittelung zum Sekretär des Königs Siegmund August ernannt. Er zog sich jedoch schon 1568 auf sein väterliches Gut Czarnolas zurück und lebte hier den Musen, zugleich aber an allen Ereignissen des Vaterlandes den lebhaftesten Anteil nehmend. 1575 legte er auch seine geistlichen Ämter (er war 1565 und 1566 mit zwei Pfründen beschenkt worden) nieder. Der neue König, [213] Stephan Báthory, suchte den berühmten Dichter an seinen Hof zu ziehen, aber vergeblich. Auch schlug K. in seltener Bescheidenheit die ihm von dem Kanzler Zamojski, seinem Jugendfreund, angebotene Würde eines Kastellans aus. K. ist bis auf Mickiewicz der bedeutendste Dichter der Polen. Unter seinen polnischen Dichtungen stehen die »Treny« (Krakau 1580), Elegien auf den Tod seiner Tochter Ursula, obenan, und gelten, was poetischen Schwung und vollendete Beherrschung der Sprache betrifft, als Meisterwerke. Das Drama »Odprawa poslów greckich« (»Die Abfertigung der griechischen Gesandten«), 1578 zu Ehren der Vermählung Zamojskis mit der Prinzessin Bathory gedichtet, »Proporzec albo hołd pruski« (»Das Banner oder die preußische Huldigung«), das satirische Gedicht »Zgoda« (»Die Eintracht«, 1564) zeichnen sich durch patriotische Begeisterung aus. In den »Fraszki« (»Kleinigkeiten«, 1854), die oft an Boccaccios »Decamerone« erinnern, läßt er seiner heitern Laune freiesten Spielraum. Seine durch kernige Einfachheit ausgezeichnete Übersetzung der »Psalmen« (Krak. 1579) ist die beste, die bis jetzt existiert. In lateinischer Sprache schrieb er: »Lyricorum libellus« (1580), »Elegiarum libri quatuor« (1584) und zahlreiche Gelegenheitsgedichte. Die polnische Sprache verdankt ihm wesentliche Vervollkommnung, die polnische Poesie große Bereicherung durch Einbürgerung fremder Dichtungsformen, die er stets mit nationalem Geist zu durchdringen verstand. Sammlungen seiner Schriften erschienen 1584–1641 zehn (neuere Ausgaben, Bresl. 1826, Leipz. 1835, Krak. 1859, 3 Bde., die letzte und beste Warsch. 1884 ff., 4 Bde.). Die vollständigste Biographie Kochanowskis hat v. Przyborowski (Pos. 1857) geliefert. Vgl. Löwenfeld, Jan K. und seine lateinischen Dichtungen (Pos. 1878).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 213-214.
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