Ronsard

[128] Ronsard (Ronsart, spr. roiigßār), Pierre de, franz. Dichter, geb. 11. Sept. 1524 auf dem Schloß La Poissonnière im Vendômois, gest 27. Dez. 1585 in Tours, wurde nacheinander Page der beiden ältesten Söhne Franz' I., dann Jakobs V. von Schottland, begleitete den Gesandten Lazare de Baïf als Sekretär an den Reichstag zu Speyer, verließ aber infolge hochgradiger Schwerhörigkeit 1541 die diplomatische Laufbahn und widmete sich im Collège Coqueret dem Studium der lateinischen u. besonders der griechischen [128] Sprache. Seine siebenjährige Beschäftigung mit den alten Klassikern ließ in ihm den Plan reisen, die französische Sprache durch Neubildungen und Herübernahme lateinischer und griechischer Dichtungsformen auf die Höhe der klassischen Sprachen zu erheben. Um ihn scharte sich eine Reihe gleichgesinnter Freunde, und als das Haupt dieser Dichterschule, die man später die »Plejade« nannte, hochgefeiert, von Königen und Fürsten mit Ehren und Würden überhäuft, war er unstreitig der berühmteste Mann seiner Zeit, der »prince des poètes«, wie die Akademie der »Jeux floraux« ihn genannt hat. Es ist nicht zu leugnen, daß R. in seinem Eifer zu weit ging, und daß manche seiner Neuerungen dem Geiste der französischen Sprache zuwiderliefen. Hätte er ein unsterbliches Werk schaffen und in ihm seine Ideen und seine Sprache verewigen können, vielleicht würden seine grammatischen Reformen dem Ansturm des 17. Jahrh. länger getrotzt haben. Aber seine Oden waren voll von hohlem Pathos, eine platte Nachahmung klassischer Muster, und vollends sein Epos »Franciade« (1572, in Zehnsilblern), von dem er glücklicherweise nur vier Gesänge vollendete, ist von unendlicher Langenweile und Geschmacklosigkeit. Daß sein Werk scheitern mußte, lag zum guten Teil an dem Mißgriff in Mittel und Wegen, sein Ziel zu erreichen; denn daß es ihm nicht an Geschmack und Formsinn, an wahrem und tiefem Gefühl fehlte, beweisen seine lyrischen Gedichte, die u. d. T. »Amours« erschienen, und von denen einzelne zu dem Besten gehören, was die französische Lyrik geschaffen hat. Aber unter dem Seziermesser des unerbittlichen Malherbe, unter den satirischen Geißelhieben Boileaus sank sein Ruhm dahin. Aus der langen Vergessenheit zogen ihn erst wieder die Romantiker, die in ihm ihren Ahnherrn verehrten, besonders Sainte-Beuve, der 1828 eine Auswahl seiner Gedichte veröffentlichte (neue Ausg. 1906). R. hat sich in allen Dichtungsarten versucht, mit Ausnahme des Dramas, wenn wir von einer Erstlingsarbeit absehen, der Übersetzung des »Plutos« von Aristophanes in Zehnsilblern, die 1550 im College ausgeführt wurde. Es erschienen von ihm: 4 Bücher Oden (1550), ein 5. Buch Oden und eine neue Auflage der »Amours« (1552), 2 Bücher Hymnen (1555–56)', eine Fortsetzung der »Amours« (1556) u.a. R. selbst gab eine Sammlung seiner Werke in 4 Bänden heraus, die er Maria Stuart widmete (1560); von spätern Ausgaben nennen wir die von Richelet (1623, 2 Bde.) mit Kommentar, eine andre aus den Jahren 1619–30 in 5 Bänden, die von Blanchemain (1856–68, 8 Bde.), der auch seine »Œuvres inédites« (1855) herausgab, und die von Marty-Laveaux (1887–93, 6 Bde.). »Œuvres choisies de R.« veröffentlichten außer Sainte-Beuve (s. oben) Noël und Becq de Fouquières (1873), ein »Lexique de R.« verfaßte L. Mellerio (Par. 1895). Vgl. Chalandon, Essai sur la vie et les œuvres de P. de R. (Par. 1875); Lange, Ronsards Franciade und ihr Verhältnis zu Vergils Äneide (Leipz. 1887); Bizos, Ronsard (Par. 1891); Piéri, Le Pétrarquisme an XVI. siécle. Pétrarque et R. (Marseille 1896); Perdrizet, R. et la Réforme (Par. 1902); Tiersot, R. et la musique de son temps (Leipz. 1903); Wyndham, R. et La Pléiade (Lond. 1906).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 128-129.
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