Lerma [2]

[435] Lerma, Francisco Gomez de Sandovaly Rojas, Herzog von, Günstling König Philipps III. von Spanien, geb. um 1550, gest. 1625, wurde diesem schon als Thronerben von Philipp II. als Hofmarschall beigegeben und wußte sich bei ihm so in Gunst zu setzen, daß ihn Philipp II. wieder vom Hof entfernte und ihn zum Vizekönig von Valencia ernannte. Philipp III. rief ihn sogleich nach seiner Thronbesteigung[435] 1598 zurück und ernannte ihn zum ersten Minister. L. führte fortan eine unbeschränkte Herrschaft, besetzte alle Ämter mit seinen Günstlingen und hatte eine solche Gewalt über den König, daß man ihn der Anwendung von Zaubermitteln beschuldigte. L. war ein vollendeter Hofmann, aber ohne staatsmännische Begabung. Während er ein glänzendes Hofleben einführte, nahm infolge der Vernachlässigung der Verwaltung, der schamlosen Bereicherung der Beamten (L. selbst sammelte ein Vermögen von 40 Mill. Dukaten) und der Ausbreitung des geistlichen Grundbesitzes die Armut des Landes zu; der Ackerbau verfiel, Industrie und Handel stockten, die Flotte geriet in Verfall, das Heer verwilderte. Das Elend wurde noch vergrößert durch die Austreibung von 500,000 Morisken (1609–11). Nach außen befolgte L. eine friedliche Politik: er schloß Frieden mit England (1604), Waffenstillstand mit den vereinigten Niederlanden (1609) und mit Frankreich ein Bündnis, in dem eine Wechselheirat zwischen beiden Häusern verabredet wurde (1612). Aber der allgemeine Unwille brachte L. 1618 zu Fall, nachdem er 20 Jahre geherrscht und nach dem Tode seiner Frau sogar Kardinal geworden war. Sein eigner Sohn, der Herzog von Uzeda, wurde sein Nachfolger. Nach Philipps III. Tod (1621) wurde L. von Olivarez angeklagt, verlor seinen Jahrgehalt und wurde zur Rückzahlung einer hohen Geldsumme verurteilt.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 435-436.
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