Posamenten

[199] Posamenten (franz. passements), alle vom Posamentier auf dem Posamentier-, Bortenwirker- oder Wellenstuhl hergestellten Artikel. Diese Stühle besitzen im wesentlichen die Einrichtung eines gewöhnlichen Webstuhls von geringer Breite, können auch mit Jacquardbetrieb verbunden sein. Ferner benutzt der Posamentier Überspinnmaschinen (Gimpemühlen) zum Überspinnen von Schnüren, Knöpfen etc., die Chenillemaschine zur Erzeugung von Borten sowie verschiedene Flechtmaschinen, auch die Klöppelmaschine. Der Ursprung der P. ist stilistisch und technisch herzuleiten aus den stehengebliebenen Ketten- oder Schußfäden eines Gewebes, die schon im Altertum hohe künstlerische Ausbildung in Gestalt von Fransen und Quasten erfuhren, wie dies die Trachten der Königsfiguren auf assyrischen Reliefs zeigen. Aus dem frühen Mittelalter des Orients sind Fransenbesätze und einzelne Quasten aus festgedrehten und zu Knöpfen geballten Leinen-, Seiden- und Goldfäden erhalten (s. Koptische Kunst). Das Abendland ließ im spätern Mittelalter für Kirchenausstattung (Gewänder und zum Schmuck von Reliquienhüllen) dünne Besätze und bunte seidene Fransenborten an schmalen gewirkten Bändern und Schnürchen entstehen, während einzelne dekorativ wirkende Quasten des 14.–15. Jahrh. gebildet sind aus massig herunterfallenden langen kordonnierten Seidenfäden an einer wuchtigen Bergkristall-, Bernstein- oder getriebenen Edelmetallkugel: die Vorläufer eines aus Holz gedrehten und mit Fäden überzogenen sogen. Halters. Mit der Renaissance setzte durch die veränderte Kunstweise der Innenausstattung mit bezogenen und gepolsterten Möbeln für die Gestaltung der P. eine neue Entwickelung ein, womit bestimmte Typen von allgemeiner Form auch der spätern Zeit gegeben wurden: so für die Quaste der rundliche, vasen- oder birnenförmige, mit Seide, Gold- oder Silberfäden netzartig übersponnene Halter, an dem dicht gelegte Fäden gleicher Art hängen oder sich, netzartig verbunden, als sogen. Mantel herumlegen. Für Leinenzeug und Bettkissen waren im 17. Jahrh. in Italien P. (fiocchis) aus Leinenfäden gebräuchlich, die im einzelnen der Spitzentechnik verwandt sind. Auch filierte und geklöppelte Silber- und Goldspitzen kommen in italienischen und deutschen P. als netzartige Hülle der Quasten zur Verwendung. Gewirkte Borten, Troddeln, Schnüre und verwandte Zieraten schmückten zu allen Zeiten auch die Gewänder des öffentlichen Lebens; an ihrer Herstellung ist auch die Hausindustrie (seit dem 16. Jahrh. im sächsischen Erzgebirge) stark beteiligt. Vgl. Siegel, Zur Geschichte des Posamentiergewerbes (Annaberg 1892); Dornbach, Das Posamentierkunstgewerbe (Dresd. 1894); Kumsch, Posamente des 16.–19. Jahrhunderts im königlichen Kunstgewerbemuseum in Dresden etc. (das. 1892, 25 Tafeln).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 199.
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