Prokūra

[377] Prokūra (ital. und neulat. procura, zusammengezogen aus lat. pro cura, »[Gebühr] für Besorgung«, oder Verkürzung von Prokuration, »Stellvertretung, Verwaltung«), die Vollmacht, die ein Kaufmann einem Dritten, dem Prokuraträger oder Prokuristen, zur Vertretung im Betriebe seines Handelsgewerbes ausstellt. Sie kann nur von Vollkaufleuten (s. Kaufmann) und zwar nur vom Geschäftsinhaber oder seinem gesetzlichen Stellvertreter mittels ausdrücklicher Erklärung erteilt werden. Handelsgesellschaften können P. nur mit Zustimmung des Aufsichtsrats oder der Geschäftsführer oder sämtlicher Gesellschafter erteilen, wobei das Gesellschaftsstatut maßgebend ist. Je nachdem die P. einer Person allein erteilt wird oder mehreren zur gemeinschaftlichen Ausübung, spricht man von Einzelprokura oder P. schlechthin und von Kollektivprokura (Gesamtprokura). Die P. ermächtigt den Prokuristen zum Abschluß aller Geschäfte und Rechtshandlungen, die im Betriebe seines Geschäftsherrn üblich sind, ausgenommen sind nur Veräußerung und Belastung von Grundstücken (sogen. Immobiliarklausel, s. d.). Nach außen ist die P. rechtsverbindlich, nur nach dreifacher Richtung hin einschränkbar. Einmal durch die eben erwähnte Immobiliarklausel, dann durch die Kollektivklausel, d. h. daß zur Prokurazeichnung nur mehrere Personen gleichzeitig und gemeinschaftlich ermächtigt sind, endlich durch die Etablissementsklausel, d. h. der Beschränkung der P. auf den Betrieb einer bestimmten Niederlassung. Die Immobiliarklausel gilt auch ohne Eintragung für jedes Prokuraverhältnis. Die Kollektivklausel ist Dritten gegenüber nur von Wirkung, wenn sie im Handelsregister eingetragen ist, die Etablissementsklausel wirkt gegen Dritte nur, wenn die Niederlassungen unter verschiedener Firma betrieben werden oder die Zweigniederlassung einen entsprechenden Zusatz in der Firma führt. Alle übrigen Einschränkungen der P. auf gewisse Geschäfte oder auf gewisse Zeit oder gewisse Orte ist Dritten gegenüber wirkungslos, dem Geschäftsherrn haftet der Prokurist natürlich für allen durch Überschreitung seiner Prokurabefugnisse entstehenden Schaden. Die P. ist jederzeit widerruflich, unbeschadet der Ansprüche des Prokuristen auf vertragmäßige Vergütung, sie ist unübertragbar und erlischt nicht durch den Tod des Geschäftsinhabers. Die Erteilung wie das Erlöschen der P. ist zur Eintragung ins Handelsregister (s. d.) anzumelden. Die Unterlassung der Eintragung und öffentlichen Bekanntmachung des Erlöschens hat die Folge, daß der Geschäftsherr sich Dritten gegenüber nur dann auf das Erlöschen der P. berufen kann, wenn er nachweist, daß dies dem Dritten bei dem Abschluß des fraglichen Geschäfts bekannt war. Bei ordnungsmäßiger Eintragung und öffentlicher Bekanntmachung dagegen hat jeder Dritte das Erlöschen gegen sich gelten zu lassen, sofern nicht durch die Umstände die Annahme begründet wird, daß er das Erlöschen beim Abschluß des Geschäfts weder gekannt habe, noch habe kennen müssen. Über die Art und Weise, wie der Prokurist zu firmieren hat, s. Firmieren. Vgl. Handelsgesetzbuch, § 48 ff.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 377.
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