Sforza

[396] Sforza, berühmtes ital. Geschlecht, das Mailand im 15. und 16. Jahrh. sechs Herzoge gab. Sein Stammvater Muzio Attendolo, geb. 28. Mai 1369 zu Cotignola in der Romagna, schwang sich durch Tapferkeit, Mut und Klugheit zu einem der berühmtesten Condottieri seiner Zeit empor, diente zuletzt dem König von Neapel und galt unter der Regierung der Königin Johanna II. als eine Stütze des Thrones. Er fand 4. Jan. 1424 beim Übergang über den Fluß Pescara den Tod. Den Namen S. (»Erzwinger«) erhielt er von dem Grafen Alberigo von Barbiano, dem Stifter des italienischen Condottieriwesens. Sein natürlicher Sohn Francesco S., geb. 23. Juli 1401, gest. 8. März 1466, diente in der Condotta seines Vaters und übernahm nach dessen Tode ihre Führung. Er stand nacheinander im Dienste von Mailand, Venedig und Florenz, ward 1441 Schwiegersohn des Herzogs Filippo Maria Visconti von Mailand, des letzten Sprößlings dieses Hauses, und erlangte nach dessen Tod (1447) die Herrschaft über Mailand (1450). Er sicherte sich den Thron durch weise Regierungsmaßregeln und vergrößerte sein Herzogtum 1464 durch Eroberung Genuas. Ihm folgte sein ältester Sohn, Galeazzo Maria S., geb. 24. Jan. 1444, ein ausschweifender, grausamer Mann, der am 26. Dez. 1476 durch Verschworne fiel. Für dessen Sohn Giovanni Galeazzo S., geb. 20. Juni 1469, führte zuerst seine Mutter Bona von Savoyen die Regierung; doch wurde sie ihr 1481 durch den Oheim des Herzogs, Lodovico il Moro, entrissen, der seinen Neffen völlig beherrschte und, nachdem dieser 21. Okt. 1494 gestorben war, dessen Sohn Francesco in strenger Gefangenschaft hielt. Um die usurpierte Herrschaft zu behaupten, veranlaßte er den Kriegszug des französischen Königs Karl VIII. nach Neapel, brachte aber dadurch nur Unglück über sich selbst. Denn nachdem er später dem Bunde gegen Frankreich beigetreten war, wurde er von Ludwig XII. 1499 aus dem Herzogtum vertrieben, geriet 1500 in französische Gefangenschaft und starb 17. Mai 1508 zu Loche im Kerker. Vgl. Pélissier, Louis XII et Ludovic S. (Par. 1897, 2 Bde.). Sein Sohn Maximilian S., geb. 1490, vertrieb zwar mit Hilfe von Schweizertruppen die Franzosen 1512 aus Mailand, ward aber 1515 vom französischen König Franz I. bei Marignano geschlagen und mußte Mailand gegen einen Jahrgehalt an Frankreich abtreten. Francesco II. Maria S., Bruder des vorigen, geb. 1492, seit 1522 Herzog von Mailand, wurde 1529 vom Kaiser Karl V. wieder mit dem Herzogtum belehnt und starb 24. Okt. 1535, worauf Karl V. 1540 Mailand als eröffnetes Reichslehen seinem Sohne Philipp II. verlieh. Von frühern Nebenlinien haben sich nur noch die Herzoge von S.-Cesarini in Rom erhalten. Vgl. Ratti, Della famiglia S. (Rom 1794); Magenta, I Visconti e gli S. nel castello di Pavia (Mail. 1883, 2 Bde.); Ghinzoni, Galeazzo Maria S. (im »Archivio stor. Lombardo«, Bd. 12, das. 1865); Rubieri, Francesco I. S. (Flor. 1879, 2 Bde.); Rusconi, Lodovico il Moro e la sua cattura (Novara 1878); Kindt, Die Katastrophe Lud. Moros in Novara (Greifsw. 1890).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 396.
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