Thesaurus linguae latīnae

[482] Thesaurus linguae latīnae, das von den fünf großen deutschen Akademien (Berlin, Wien, München. Leipzig und Göttingen) herausgegebene umfassende Wörterbuch der lateinischen Sprache, das bedeutendste neuere Unternehmen auf dem Gebiete der wissenschaftlichen Lexikographie. Die Vorgeschichte dieses großartigen Werkes geht bis auf Ideen von Friedrich August Wolf zurück, dann hat Halm 1858 auf der Wiener Philologenversammlung einen Plan entworfen, der aber nicht zur Ausführung kam. Der Münchener Latinist Wölfflin gründete 1883 als Vorarbeit zum T. das »Archiv für lateinische Lexikographie«, und 1889 wußte endlich Martin Hertz auf der Görlitzer Philologenversammlung das Unternehmen in Gang zu bringen, die preußische Regierung und die Berliner Akademie zu interessieren. Mommsen, v. Hartel u. a. organisierten die Vorarbeiten, die von 1893 ab mit der Bezettelung aller Stellen in den Schriftstellern bis zur Antoninenzeit, Exzerpierung in den spätern bis zum 6. Jahrh., begannen. Hierfür wurden sämtliche Texte eigens von geeigneten Fachleuten abkorrigiert, auch eine Menge von Ausgaben lateinischer Autoren wurden mit Rücksicht auf den T. von den Herausgebern mit ausführlichem Wortregister ausgestattet. 1899 begann die Redaktion der einzelnen Artikel. Im Münchener Akademiegebäude wird jetzt das Zettelmaterial unter der Leitung eines Generalredaktors von einem erlesenen Stabe jüngerer Gelehrter zu den Artikeln verarbeitet. Jeder Artikel gibt die Stellen nach Bedeutungs- und Gebrauchsgruppen, innerhalb dieser nach der historischen Abfolge der Autoren. Das in Faszikeln von etwa je 15 Bogen Großquart (250 Spalten) im Verlag von B. G. Teubner in Leipzig erscheinende Werk ist auf 12 Bände (die Eigennamen sollen besonders erscheinen) von je über 2000 Seiten berechnet; erschienen sind Bd. 1 und 2 vollständig sowie Teile von Bd. 3 und 4 bis zum Buchstaben C. Die Herstellung des Riesenwerkes wird auf 15 Jahre mindestens berechnet; es wird nicht nur den lateinischen Studien eine ganz neue Grundlage schaffen, sondern für Romanisten, vergleichende Sprachforscher, Theo logen, Juristen, Historiker und alle Disziplinen, die sich auf lateinische Texte bis zum 7. Jahrh stützen, ein gewaltiges Hilfsmittel bilden. Auch werden die mit dem T. gemachten Erfahrungen den seit einigen Jahren von der Berliner Akademie begonnenen Vorarbeiten zu einem Thesaurus der deutschen Sprache, welcher dereinst das Grimmsche Wörterbuch abzulösen imstande wäre, zugute kommen.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 482.
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