Vorläufige Vollstreckbarkeit von Urteilen

[260] Vorläufige Vollstreckbarkeit von Urteilen liegt dann vor, wenn das Gericht ausspricht, daß ein an sich wegen mangelnder Rechtskraft nicht vollstreckbares Urteil (s. Vollstreckungsurteil) vorläufig vollstreckt werden darf. Nach der Deutschen Zivilprozeßordnung (§ 708) sind eine Reihe von Urteilen ohne Antrag für vollstreckbar zu erklären: besonders Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses (s. d.) oder im Urkunden- und Wechselprozeß (s. d.) erlassen wurden, oder lediglich die Eidesfolgen aussprechen, ferner Versäumnisurteile, die in derselben Instanz gegen dieselbe Partei ein zweites oder ferneres Mal erlassen worden sind, Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen (s. d.) angeordnet wurden, und gewisse Urteile, welche die Verpflichtung zur Entrichtung von Unterhalt oder von gewissen Geldrenten aussprechen. Auf Antrag hat (nach § 709 und 710) dasselbe zu geschehen in Ansehung von Urteilen, die Mietstreitigkeiten, Streitigkeiten zwischen Dienstherrschaft und Gesinde etc. oder vermögensrechtliche Ansprüche im Werte von 300 Mk. oder weniger betreffen. Außerdem sind Urteile für vorläufig vollstreckbar zu erklären, wenn glaubhaft gemacht wird, daß die Aussetzung der Zwangsvollstreckung dem Gläubiger einen schwer zu ersetzenden oder zu ermittelnden Nachteil bringen würde, oder wenn sich der Gläubiger erbietet, vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit zu leisten (s. Sicherheitsleistung). Über v. V. in Österreich etc. vgl. Vollstreckungsurteil.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 260.
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