7. Sippe: Melitophilen

[92] Die letzte, nächst den blätter- und mistfressenden Blätterhörnern artenreichste Sippe bilden die blumenliebenden (Melitophila), diejenigen unter allen, welche die vollendetsten Formen und den herrlichsten Farbenschmuck zur Schau tragen, Käfer, wel che der Mehrzahl nach unter dem Einflusse einer senkrechten Sonne erzeugt wurden, welche nicht scheu vor dem Lichte das nächtliche Dunkel abwarten, ehe sie aus ihren Verstecken hervorkommen, sondern als Freunde jenes die Kinder des Lichts, die duftenden Blumen der Kräuter und Holzgewächse aufsuchen, um in Gesellschaft der flüchtigen Schmetterlinge, der lustigen Fliegen und der ewig geschäftigen Immen zu schmausen: Blütenstaub sammt dessen Trägern, Blätter der Blumen aufzehrend, oder auch an den blutenden Stämmen der Bäume den ausfließenden Saft zu lecken. Sie bilden der Mehrzahl nach – wir wissen, daß es überall Ausnahmen gibt – die Edelsten und Vornehmsten ihrer Familie, welche wenigstens im vollkommenen Zustande feinere Genüsse zu schätzen wissen, als grüne Blätter, faulende Pilze oder durch den Leib der pflanzenfressenden Säuger gegangene Stoffe bieten können. Der gedrungene Körper von vorherrschend mittlerer Größe ist mäßig abgeplattet, in den Umrissen wappenschildförmig. Die Flügeldecken lassen den Steiß unbedeckt und liegen dem Hinterleibe einfach auf, ohne ihn von den Seiten her zu umfassen, behalten auch diese Lage, nur etwas gelockerter, während des Fluges bei. Die Vorderhüften springen in walzig-kegelförmiger Gestalt hervor, während sich die Hinterhüften über den ersten Bauchring erweitern. Das Gesicht ist mit dem Kopfschilde, welches Oberlippe wie Kinnbacken bedeckt, verwachsen, ebenso die hornige Zunge mit dem Kinne. Der Oberkiefer besteht aus einem hornigen Außentheile und einer häutigen Innenplatte, der Unterkiefer aus eingelenkter Außenlade, jeder Fühler aus zehn, seine Keule aus den drei letzten Gliedern. Je nachdem durch einen Ausschnitt der Flügeldecken gleich hinter der Schulter das Hüftblatt der Hinterbrust von oben her sichtbar ist oder nicht, in Ermangelung jenes Ausschnittes, läßt sich die Sippe in die artenreichere Abtheilung der Blumenkäfer (Cetonidae) und in die artenarme der Pinselkäfer (Trichiidae) zerlegen.

Die Larven unterscheiden sich wesentlich von den übrigen derselben Horde dadurch, daß ihr letztes Glied nicht durch eine Querfurche in zwei zerlegt wird, weniger wesentlich durch einen im Vergleiche zum gedrungenen Körper schmäleren Kopf, durch die schwächeren Querfurchen auf den Gliedern und durch eine stärkere Sammetbehaarung. Sie nähern sich den Larven der Riesenkäfer durch ihre an der Spitze gezähnten und äußerlich querriefigen Kinnbacken, und leben ausschließlich von mulmigem Holze.

[92] Mehr als ein Drittel der ganzen Sippe bewohnt Afrika, kaum der fünfundzwanzigste Theil Europa; kein Erdtheil wird von ihnen ausgeschlossen, die prachtvollsten Formen gehören indessen nur dem heißen Erdgürtel an.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 92-93.
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