Colorīt

[280] Colorīt (v. lat.), 1) die Art u. Weise, wie ein Bild in Farbe gesetzt ist, wodurch sein Verhältniß zur Natur im Einzelnen, od. seine Stimmung im Allgemeinen angegeben ist. Denn es kann das C. wahr, d.h. der Natur treu nachgebildet, od. unwahr, idealisch u. willkürlich, ohne Rücksicht[280] auf Natur nach besonderen Principien erfunden sein (wie das Changeant etc.). Dieses Alles bezieht sich auf einzelne Theile. Es kann aber auch das C. ernst sein, dann hat es vorherrschend dunkle, od. lachend, dann hat es vorherrschend lichte Farben; es kann grell, disharmonisch (bei unversöhnten Contrasten), harmonisch bei Übereinstimmung aller Farben u. Farbenmassen, feurig bei vorherrschend gelben u. rothen, kalt bei vorherrschend blauen u. bläulichen Farbentönen etc. sein. Zunächst ist beim C. das Hell u. Dunkel zu beachten u. der Übergang vom tiefsten Schatten zum hellsten Licht, indem durch die Nuancirungen des Lichtes die dargestellte Gestalt zur körperhaften Erscheinung kommt. Dann ist Rücksicht zu nehmen auf die Art der Beleuchtung (s.d.), ob diese von der Sonne, vom Monde, von künstlichem Lichte ausgeht, u. unter welchen obwaltenden Nebenumständen (bedeckter Himmel, eingeschlossener od. freier Raum etc.) sie stattfindet. Die Farben selbst stehen wieder zu Licht u. Schatten jede in einem eigenthümlichen Verhältniß, so ist Blau dem Dunkel, Gelb u. Roth dem Licht verwandt. Zwischen beiden steht Grün als Vermittler. Großes Studium erfordert für den Landschaftsmaler die Luftperspective in ihren Wirkungen auf die Veränderung der Farben, für den Historienmaler aber die Carnation (s.d.), wo die zartesten Farbenübergänge die richtige Modellirung der Körperformen bedingen. – Nach Plinius unternahm es zuerst Kleophantos aus Korinth, mittelst, aus zerriebenen Topfscherben bereiteter Farbe, die gezeichneten Figuren anzumalen, u. begründete somit das C. Durch des Apollodoros Erweiterung der Kunst durch Nachbildung des Lichts u. Schattens erhielt das C. größere Mannichfaltigkeit der Tinten u. wegen der kräftigeren Gegensätze lebhafteren Farbenwechsel. Mehr Blühendes u. Zartes gab Parrhasios dem C., u. so erschien in seinen Arbeiten zuerst der angenehm reizende Schein, der Zauber milder Begrenzung u. richtig u. sanft verschmolzener Übergänge einer Farbe in die andere. Echion u. Melanthios vervollkommneten das C. u. wurden auch von Apelles nicht übertroffen. Unter den Neueren hat die Venetianische Schule den Ruhm des schönsten C-s. Ihre Stärke besteht in dem glücklichen Verhältniß der etwas kalten Mittel- u. warmen Schattentöne zur Localfarbe. 2) Bei Schriftstellern die Art u. Weise der Darstellung.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 4. Altenburg 1858, S. 280-281.
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