Fegefeuer

[158] Fegefeuer (Purgatorium), nach dem Glauben der Römischkatholischen der Läuterungs- u. Reinigungszustand der Seelen nach deren Trennung von dem Körper. Diejenigen Verstorbenen nämlich, welche zwar frei von schweren Vergehungen u. im Stande der Gnade gestorben, aber doch noch mit geringen Fehlern behaftet sind, od. frühere nicht hinlänglich gebessert u. abgebüßt haben, sollen dieser ihrer Unvollkommenheit wegen, der blos den ganz Reinen verheißenen Seligkeit noch nicht würdig, aber doch auch der nur den ganz Bösen gedrohten Verdammniß nicht schuldig sein u. daher noch jenseits zeitliche Strafen leiden u. durch stufenweise Läuterung u. Reinigung zum Genuß der ewigen Seligkeit vorbereitet werden, u. das Gebet der Gläubigen auf Erden soll den in diesem Reinigungszustande befindlichen Seelen nützlich u. heilsam sein. Zur Vertheidigung dieser Lehre wird angeführt, daß die Idee eines solchen Mittelzustandes zwischen vollkommener Würdigung u. gänzlicher Verworfenheit, so wie der Gebrauch der Opfer u. Gebete für Verstorbene, sich bei den meisten Völkern des Alter thums finde u. in der Heiligen Schrift indirect ausgesprochen werde (2 Makk. 12,43. 46. Matth. 12,31. 5,25. 26. 1 Cor. 3,11–15. 15,20), auch allegirt man viele Stellen der Kirchenväter dafür u. sagt, daß die verschiedenen Meinungen Einzelner über die Beschaffenheit u. Dauer des Reinigungszustandes, die rohen u. sinnlichen Vorstellungen darüber, die ärgerlichen Mißbräuche nicht auf Rechnung der Kirche zu bringen wären, welche sie weder gelehrt noch anerkannt, ja sich auf dem Concil zu Trient (Sess. XXV) kräftig dagegen erklärt habe. Die Protestanten erkennen das F. nicht an, da in den angeführten Bibelstellen keineswegs von dem F. die Rede sei, da der Lehre von demselben andere Bibelstellen (Matth. 7,13–20. 8,11. 13,24–46. Mark. 16,16. Luk. 16,8. 22,25. Joh. 3,6. 18. 20. 15,2.) widersprächen u. da dieselbe, da sie vor der Trennung der Griechischen Kirche von der Katholischen nicht bestanden habe, erst zu Gregors d. Gr. Zeit entstanden sei. Nach den Lehren der Griechischkatholischen Kirche ist das F. ein Mittelzustand, wo die Halbreinen durch zu büßende Strafe erst für die vollkommene Seligkeit würdig gemacht werden, aber es ist kein πῶρ καϑαρτήριον (Reinigungsfeuer), sondern nur ϑλίψις τὶς ὑπὸ συνειδήσεως (eine Gewissenspein), jedoch verbunden mit u. erleichtert durch die Hoffnung auf die auch noch ihnen werdende Seligkeit. Die Lehre vom F. war einer der Scheidungsgründe der Griechischen von der Lateinischen Kirche. Vgl. Loch, Das Dogma der Griechischen Kirche von dem Purgatorium, Regensburg 1817; Redner, Das Fegefeuer, ebd. 1856.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 6. Altenburg 1858, S. 158.
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