Naturalien

[712] Naturalien (Naturalia), 1) so v.w. Naturkörper; bes. 2) in so fern sie in einzelnen Exemplaren, so viel wie möglich mit Auswahl, in eine Sammlung zusammengebracht worden sind. Diese Sammlungen (Naturaliensammlungen) selbst heißen, je nach ihrer geringern od. größern Ausdehnung, Naturaliencabinete (Naturalienkammern), Naturhistorische Museen. Ihr Ursprung ist sehr alt u. gründet sich wohl zunächst auf die Neugierde der Menschen nach dem Ungewöhnlichen (daher N., die blos in dieser Hinsicht zusammengestellt werden, auch als Naturcuriositäten bezeichnet werden). Für wissenschaftliche Zwecke ist es erforderlich, daß N. in einer gewissen systematischen Ordnung aufgestellt u. daß genaue Verzeichnisse geführt werden, nach welchen die N. leicht aufzufinden sind, so wie auch die Fundorte zu benennen sind, woher die einzelnen N. stammen. Jede Naturaliensammlung erfordert zu ihrer Erhaltung eine Aufsicht von Sachverständigen (Conservatoren), welche für den Schutz der N. gegen Verderbniß, namentlich gegen Zerstörung durch Insecten, so wie für die systematische Aufstellung u. Instandhaltung der Sammlung Sorge tragen. Die N. müssen so aufgestellt sein, daß sie möglichst sichtbar sind. Vierfüßige Thiere, Vögel u. Amphibien stellt man am besten in Schränken, letztere auch in Spiritus auf, Fische, gefirnißt u. angestrichen, unter Glas, Insecten in Glaskästen in Form von Schubfächern, getrocknete Pflanzen unter papiernen Tecturen, Mineralien in offenen Glaskästen. – Schon Aristoteles sammelte N., indem ihm auf Alexanders d. Gr. Befehl Alles, was in den von ihm beherrschten Ländern an seltnen Thieren u. andern Naturgegenständen aufgefunden ward, zugesendet wurde; doch hat man von eigentlichen Naturaliensammlungen[712] erst seit dem 16. Jahrh. Kruntniß Agrippa von Nettesheim, Theophrastus Paracelsus, Cardan, C. Geßner, A. Agricola, legten solche zu ihrem Privatgebrauch an. Nach u. nach wurden sie öffentlich, bes. in Universitätsstädten, od. auch in Residenzen. In unsern Tagen ist kaum noch eine Mittelstadt, welche nicht eine u. andre Naturaliensammlung, theils zum Privatgebrauch von Liebhabern angelegt, theils öffentliche, aufweisen könnte, u. nicht leicht eine große, welche nicht umfassende, instructive u. sehenswürdige hätte, unter denen die des Britischen Museums in London u. die des Pariser Museums, in Holland das Leydner Museum, in Deutschland die Berliner, Wiener u. Frankfurter, den ersten Rang behaupten.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg 1860, S. 712-713.
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