Sappho [1]

[887] Sappho, griechische Dichterin, Tochter des Skamandronymos (n. And. des Simos), geb. auf Lesbos in Mitylene od. in Eresos u. lebte 628–568 v. Chr.; sie war mit einem reichen Andrier vermählt, welchem sie eine Tochter, Klaïs, gebar. Nach dem Tode ihres Gemahls führte sie einen strengen Lebenswandel u. sammelte in Mytilene einen Kreis von Mädchen u. Frauen um sich, welche sie in der Musik u. Poesie unterrichtete, zog sich aber dadurch den Haß u. die Verfolgung derer zu, welche ihr geistiges Übergewicht nicht zu ertragen vermochten, u. flüchtete deshalb nach Sicilien. Nach der bes. von den attischen Komödienschreibern genährten Sage war sie dagegen im Punkt der Liebe allzu freisinnig u. führte nach dem Tode ihres Mannes ein ausschweifendes Leben; der letzte Gegenstand ihrer Liebe war Phaon, welcher sie aber verließ u. nach Sicilien entwich; sie folgte ihm dahin, u. da sie seine Liebe nicht wieder gewinnen konnte, stürzte sie sich von dem Vorgebirg Leukate (s.d.) in Akarnanien ins Meer. Nach Einigen soll sich diese Liebe zu Phaon auf eine spätere S. aus Eresos beziehen (vgl. Welcker, S. von einem herrschenden Vorurtheil befreit, Gött. 1816). Die Siculer errichteten ihr eine Bildsäule, die Mitylenäer prägten ihr Bildniß mit dem des Alkäos auf ihre Münzen. Sie schrieb 9 Bücher lyrischer Gedichte im äolischen Dialekt, bes. Epithalamien u. Hymnen, in dem nach ihr genannten Metrum (s. Sapphische Strophe). Erhalten sind nur zwei Oden (die eine nicht einmal vollständig) u. einzelne Fragmente, auch werden ihr noch drei Epigramme zugeschrieben; die Oden u. die Fragmente finden sich meist bei Anakreon u. in mehren Sammlungen griechischer Lyriker u. Gnomiker, so im 2. Bde. von Schneidewins Delectus [887] poesis graecae eleg. u. in Bergks Lyrici poetae graeci, Lpz. 1854 f.; einzeln von I. Chr. Wolf, Hamb. 1733; von Volger, Lpz. 1810; von Möbius (mit deutscher Übersetzung), Hann. 1815; von Neue, Berl. 1827, deutsch von Ramler u. Oberbeck mit Anakreon; von Braun, Wetzl. 1809; von Kannegießer, Prenzlau 1828; von Richter, Quedl. 1833; Lebensbeschreibung von Kleist, Berl. 1793. Grillparzer u. die Fürstin Constanze von Salm Reifferscheid-Dyk wählten sie zum Sujet eines gleichnamigen Trauerspieles u. Gounot componirte das lyrische Drama S. (1850).

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 14. Altenburg 1862, S. 887-888.
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