Tenĕdos

[369] Tenĕdos, 1) Insel im Ägäischen Meer, zum türkischen Ejalet Dschesair gehörig, an der Küste von Troas gelegen, bes. berühmt durch Wein, Töpferwaaren u. durchstrenge Gesetze hinsichtlich des Ehebruches, dessen Überwiesene wurden mit dem Beile hingerichtet. Sie heißt noch jetzt T. (Bogdscha-Adassi bei den Türken), hat hohe Berge, Kreidehügel, sehr fruchtbar u. wohl angebaut, liefert bes. guten Wein u. hat röthlichen Marmor (Rosso antico, s.d.), etwa 6–7000 Ew., Griechen u. Türken; 2) Stadt, im Alterthum mit 2 Häfen u. einem Tempel des Apollo Smintheus; jetzt mit Hafen, ist Sitz des Kaimakans u. eines griechischen Bischofs; etwa 2000 Ew. – Die Insel hieß Anfangs Leukophrys (die Weißgipselige); den Namen T. soll sie von Tennes (sd.) erhalten haben. Sie gelangte bald zu ziemlicher Macht u. ihre Herren beherrschten den gegenüberliegenden Küstenstrich zwischen Alexandria u. Sigeum. Wichtig war T., wie noch jetzt, weil bei ihr vorbei die Straße in das Schwarze Meer führte u. weil die Dardanellen damals nicht immer zu passiren waren, so hatte Justinian daselbst ein Getreidemagazin anlegen lassen, wo die Schiffe, welche Getreide nach Constantinopel bringen wollten, abladen konnten. T. diente im Mittelalter lange Seeräubern zum Aufenthalt u. war seit 1302 in den Händen der Türken; 1656 nahmen sie die Venetianer, mußten sie aber bald wieder verlassen. Den 4. April 1807 wurde bei T. die türkische Flotte von der russischen geschlagen u. T. erobert, s.u. Türken (Gesch.). Am 10. (22.) Nov. 1822 verbrannte Kanaris mit Hülfe von Brandern mehre Schiffe der türkischen Flotte, welche bei T. vor Anker lag. Im Sept. 1853 litt die Insel durch ein Erdbeben. Vgl. Ludwig von Hammer, Respublica Tenediorum, Kopenh. 1735.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 17. Altenburg 1863, S. 369.
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