Vitalianer

[622] Vitalianer, 1) (Kirchgesch.), so v.w. Apollinaristen; 2) (Vitalienbrüder, d.i. Söldner, od. Likendeeler, d.i. Gleichtheiler, wegen der Gleichvertheilung der Beute), eine nordische Seeräuberschaar, welche gegen das Ende des 14. Jahrh. auftrat Als die Dänen unter der Regierung der Königin Margaretha den König Albrecht von Schweben 1389 bei Falköping besiegt u. gefangen genmomen hatten (s.u. Schweden S. 552), blieb Stockholm demselben treu u. rief den Herzog Johann von Stargard nebst den Rostockern u. Wismarern zur Hülfe. In diesen beiden Städten thaten sich seit 1391 Freibeuter zusammen, welche im Namen der Städte, aber auf eigene Gefahr, die drei Skandinavischen Reiche bekriegen u. zugleich Stockholm Mit Lebensmitteln versehen wollten, wovon sie auch den Namen Victualienbrüder erhalten haben sollen. Sie machten die ganze Ostsee unsicher u. schadeten dem Handel der Hansestädte in dem Maße, daß diese die Städte Wismar u. Rostock als die Urheber u. Begünstiger dieses Unwesen aus der Hansa ausschlössen. Gleichwohl fuhren die V. in ihren Räubereien fort; sie eroberten sogar 1393 Elnbogen auf Schonen, 1394 einen Theil von Gottland u. 1395 Bergen, wogegen die Anstrengungen u. Siege der Stralsunder u. Lübecker über sie 1394 u. 1395 nichts änderten. Nach der Kalmarischen Union von 1397 hörte eigentlich ihre Bestimmung auf, aber gleichwohl hielt sich die Bande zusammen u. trieb nun Seeräuberei gegen Feind u. Freund. 1398 wurden sie von dem Deutschen Orden unter Konrad von Jungingen aus Gottland verjagt, u. als in demselben Jahre noch Wismar u. Rostock in den Nyköpinger Frieden mit der Königin Margarethe eingeschlossen wurden u. den V-n ihre Hülfe entzogen, so verließen diese die Ostsee u. wendeten sich nach Friesland, wo ihnen mehre Häuptlinge ihre Schlösser einräumten. Englische, schwedische, dänische u. hanseatische Schiffe wurden von ihnen geplündert. Auf der Versammlung der Hansestädte zu Lübeck 1400 wurde die Ausrüstung einer Flotte gegen sie beschlossen u. gegen sie u. ihre friesischen Beschützer vorgegangen, bis die Hamburger 1402 bei Helgoland ihre kühnsten Anführer Claus Stortebek u. Wichmann u. 1403 Gödeke, Michel u. Wigbold gefangen nahmen u. in Hamburg enthaupten ließen, übrigens dauerte das Unwesen der B. noch lange fort, namentlich erschienen sie wieder 1422, 1429 u. 1439 u. plünderten in den beiden letzten Jahren Bergen wieder, darauf verschwindet ihr Name. Vgl. J. Voigt, Die V., in Raumers Historischem Taschenbuche, 1841.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 18. Altenburg 1864, S. 622.
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