Eis

1. Auch festes Eis macht die Sonne zu Wasser.


2. Auff dem eyse ist nicht gut gehen, denn es hat keine balcken.Agricola I, 82; Eyering, I, 121; Henisch, 860; Simrock, 2012.


3. Das Eis knackt so lange, bis es bricht.


4. Das Eis schimpft das Wasser und platscht selbst hinein.


5. Das eiss hat kein balcken.Henisch, 860; Körte, 1083.


6. Der das eiss zuerst bricht, hat auch seinen ruhm vnd wol die meiste arbeit.Henisch, 860; Petri, II, 84.


7. Dickes Eis vergeht auch. (Wend. Lausitz.)


8. Durch weiss eiss wird regen angedeut.Henisch, 861.


9. Einer muss das Eis brechen.

Frz.: Il en faut toujours un pour mettre les autres en branle. (Lendroy, 227.)


10. Man muss sich nicht auf schwaches Eis verlassen.


11. Ueber das Eis wird kein Brückensteg gelegt.


12. Up old Is früs't licht. (Ostfries.) – Bueren, 1175; Hauskalender, II.


13. Wenn das eiss gebrochen, ist gut schiffen. Henisch, 860.


14. Wenn neues Eis Matthias (24. Februar) bringt, so friert's noch vierzig Tage; wenn noch so schön die Lerche singt, die Nacht bringt neue Plage.Boebel, 14.


15. Wenn sich das Eis hebt, so muss das Wasser über die Ufer.

Die Russen sagen: Wenn sich das Eis der Wolga hebt, steigt das Wasser in Bor. Bor liegt unterhalb Nishnij-Nowgorod, am linken flachen Wolgaufer in einer Niederung, die beim jedesmaligen Anschwellen des Stroms überschwemmt wird. (Altmann V.)


16. Wer auf dem Eise tanzt, strauchelt leicht.


17. Wer aufs Eis will bauen, der darf keine Küchen ins Haus machen.Grimm, III, 361, 10.


18. Wer nicht auf dem Eise gehen kann, der soll (kann auch) nicht darauf tanzen.


[799] 19. Wer sich nit hüt fürm eiss, der wirt mit schaden weiss.Henisch, 861; Hans Sachs.


*20. Auf dem Eise fischen.

Etwas verkehrt treiben.


*21. Auf Eis schreiben mit rother Tinte.


*22. Auff das Eiss bawen.Eyering, III, 345.


*23. Aufs Eis leiten.Schottel, 1117b.


*24. Das Eis ist zwischen ihnen gebrochen.

Die bestandene Kälte hat sich in ein freundliches Verhältniss verwandelt.


*25. Das Eis zum Bruche bringen.

Eine Sache zur Entscheidung führen, drängen.


*26. Das eiss brechen.Franck, I, 1b; Henisch, 860; Eiselein, 142; Kirchhofer, 261.

D.i. den Weg öffnen, Bahn brechen. Von den Schiffern, die zuweilen gefrorene Flüsse brechen.

Lat.: Scindere glaciem. (Erasm., 7; Tappius, 132a.)


*27. Dem eiss einer nacht vertrawen.Henisch, 860.

Frz.: Le fier sur la glace d'une nuyet. (Leroux, I, 67.)

Lat.: Unius fidere noctis glaciei. (Bovill, II, 44.)


*28. Einen auf dem Eis bezahlen.Eiselein, 142.


*29. Einen auff das Eiss führen (leiten).Eyering, III, 344; Tappius, 207b; Eiselein, 142.

Sowol jemand verrätherisch in Gefahr bringen, als auch einen arglos auf einen Boden bringen, auf dem man leicht straucheln kann. (Grimm, III, 359, 6.)

Lat.: Gladium dedisti, quo se occideret. (Plautus.) (Binder II, 1293; Faselius, 99; Wiegand, 305.)


*30. Er führt ihn übers Eis. (Nürtingen.)


*31. Er wird aufs Eis gerathen.


*32. Ich hân ûf ein îs gebûwen.Grimm, III, 361, 10.


*33. Ich will das Eis brechen.Grimm, III, 359, 5.

Den Weg bahnen, lange Gehemmtes, Stockendes frei machen und lösen.


*34. Sich auf dünnes Eis wagen.

Etwas Gefahrdrohendes unternehmen.


*35. Unter das Eis gehen.Grimm, III, 359, 4.

D.h. untergehen, verschwinden. So sagt Pestalozzi (Werke, II, 250): »Endlich ging auch diese gute Landessitte unter das Eis.«


[Zusätze und Ergänzungen]

36. Eis bricht den Hals.Storch, Freiknecht, I, 332.


37. Îis hât ken Balken, sagt der Jude.Schambach, II, 376.


38. Wenn das Eis aufgeht, fängt das Wasser zu fliessen an.


39. Wenn das Eis einen Handschuh trägt, so trägt es auch einen Auer.

Es ist nämlich ein Reichenauer gemeint. In Reichenau wohnen viele Schiffer und deren Handschuhe wiegen gegen 3 Pfund. Der Bodensee oder das Schwäbische Meer ist seit dem Jahre 574 nur sechsmal (1363, 1435, 1573, 1695, 1709 und 1830) zugefroren. Es war am 2. Februar 1830, als ein reichenauer Schiffsknecht den See zuerst überschritt, um die Tragfähigkeit des Eises zu prüfen und sich die für die erste Ueberschreitung ausgesetzte Belohnung zu verdienen. Er ging mit einer langholmigen Axt und warf stets seinen Handschuh voraus. (Vgl. diese Ueberschreitung in der Gartenlaube, 1872, Nr. 8: Der gefrorene Bodensee von Dr. Magg.)


40. Wenn überm Eis der Geier schreit, dann ist der Auswärts nicht mehr weit.Gartenlaube, 1875, S. 534.

Der Frühling ist nahe, der Thauwind.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 1. Leipzig 1867.
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