Alexander der Große

[32] Alexander der Große, Sohn des Königs Philippus von Macedonien, wurde i. J. 356 vor Chr. Geb. geboren. Schon als Knabe zeigte er eine Größe des Geistes, welche ihn über sein Alter erhob. Man erzählt, daß er bei den Siegen seines Vaters geweint und zu seinen Spielkameraden gesagt habe: »mein Vater wird uns keine Gelegenheit zu großen Thaten übrig lassen.« Den ungebändigten Bucephalus bändigte der junge Alexander. Aristoteles nahm an seiner Erziehung Theil, und sah sich eben so sehr durch die Fortschritte als durch die Liebe Alexanders belohnt. Sein Vater verstieß Alexanders Mutter Olympias und heirathete die Cleopatra; dieses erregte ein Mißverständniß zwischen Vater u. Sohn und untergrub beider bisherige Harmonie. Alexander war nicht älter als zwanzig Jahre, da er den Macedonischen Thron bestieg. Er begann seine militairische Laufbahn in Thracien und Illyrien, welche Abwesenheit die wankelmüthigen Griechen benutzten, um von ihm abzugehen. Er eilte unmittelbar zurück. Die Athenienser und andere Staaten schlugen sich wieder zu ihm: die Thebaner hingegen, welche sich ihm widersetzten, mußten seine Rache fühlen; er zerstörte ihre Stadt und schonte nichts als die Nachkommen und das Haus des Pindars. Als [32] ihn jetzt die versammelten Griechen zum Anführer wider die Perser gewählt hatten und alles ihn mit Glückwünschen überhäufte, Diogenes von Sinope hingegen ganz ruhig in der Vorstadt sitzen blieb, ging Alexander selbst zu diesem Philosophen und hielt das bekannte merkwürdige Gespräch mit ihm. Die Armee, mit der er jetzt nach Asien aufbrach, erstreckte sich höchstens auf 34000 Mann zu Fuß und 4000 zu Pferde. Die erste Schlacht gewann er am Granicus. Allein in seinen Fortschritten, während welcher er den Gordischen Knoten löste, (s. diesen Art.) wurde er durch ein heftiges Fieber aufgehalten, das er sich an einem heißen Tage durch ein Bad zuzog. Kein Arzt wagte es, die Cur zu übernehmen; endlich erbot sich ein gewisser Philipp, ihm einen Trank zu bereiten, der ihn herstellen sollte. Unterdessen erhält Alexander von dem Parmenio, seinem vertrauten Freunde, einen Brief, daß Darius den Philipp erkauft habe, ihn zu vergiften. Alexander benahm sich gegen seinen Arzt, als ob er von nichts wisse; er nahm die Schale in die Hand, gab dem Arzt den offenen Brief, sah ihm ins Gesicht und nahm den Trank. Merkwürdig ist der Gesichtspunkt, aus welchem Rousseau im Emil diesen Zug betrachtet. Alexander fing an zu genesen, als sich Darius gegen ihn in Bewegung setzte: allein er besiegte denselben bei Issus; das Lager des Darius, nebst der Familie des Königs, gegen die er sich sehr edel betrug, fiel in seine Hände. Es unterwarfen sich ihm hierauf Cypern und Phönicien; Tyrus und Gaza wurden von ihm erobert. Von Gaza zog er nach Jerusalem und opferte in dem Tempel. Er drang in Egypten ein, wo ihn das Orakel des Jupiter Ammon für den Sohn des Jupiters erklärte. Er war es sehr zufrieden für einen Gott gehalten zu werden; wahrscheinlich aus Politik, weil er wußte, daß diese Meinung die barbarischen Völker geneigt machen würde, sich ihm zu unterwerfen. Nach seiner Rückkunft aus Egypten beschloß er, den Darius in einer andern Schlacht zu überwältigen; er verwarf die Bedingungen des Königs und machte durch die Schlacht bei Arbela dem Persischen Reich ein Ende. Darius, welcher seine Entkommung von Arbela der Schnelligkeit seines Pferdes dankte, wurde nachher von Bessus, dem Gouverneur der Bactrianer, [33] hinterlistiger Weise erschlagen, den jedoch Alexander für seinen Hochverrath strafte. Er bedeckte den Leib des Darius mit seinem eignen Waffenrocke und schickte ihn seiner Mutter zu. Jetzt verfolgte Alexander seine Eroberungen ostwärts. Um diese Zeit vermählte er sich mit Roxanen, die er sehr liebte, und beging den Mord am Clitus, welcher ihn über der Tafel mit freien Reden beleidigte; ein Vorfall, über den er nachher die größte Betrübniß zeigte. Jetzt brach er nach Indien auf und besiegte den König Porus, welcher ihm auf die Frage, wie er behandelt sein wollte, die Antwort gab: »wie ein König;« worauf ihn Alexander sehr gut behandeln ließ und ihm nicht nur sein Königreich sondern auch noch ein andres, unter dem Titel eines Satrapen, dazu gab. Er ging über den Ganges und hatte die Neugierde, das große Weltmeer zu besehen, bei welcher Gelegenheit es auch nicht ganz ohne Kriege abging. Er vermählte sich nachher zu Susa, unter einer beinah unerhörten Pracht, mit des Darius ältester Prinzessin Statira. Ueberhaupt ergab er sich nach seinen Siegen der Weichlichkeit, vorzüglich dem Trunke. Er starb im 33. Jahre seines Alters. Seine Gemahlin Roxane brachte nach seinem Tode einen Prinzen zur Welt, den man bei seiner Geburt als König erkannte. Der Körper dieses außerordentlichen Mannes war nicht groß; sein Auge war sehr lebhaft, seine Gesichtsfarbe weiß, und sein Hals hing ein wenig nach der linken Schulter zu herunter. Die Statuen des Lysippus stellten ihn am natürlichsten dar, daher er sich auch von keinem andern Bildhauer schnitzen lassen wollte. Apelles mahlte ihn in der Stellung des Jupiters. Köpfe von ihm hat man noch heut in geschnittenen Steinen.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 1. Amsterdam 1809, S. 32-34.
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