Cuvier

Cuvier

[489] Cuvier (George Leopold Chrétien Frédéric Dagobert, Baron von), einer der größten Naturforscher der neuesten Zeit, vorzüglich berühmt wegen seiner Leistungen in der vergleichenden Anatomie und in der Naturgeschichte und Naturbeschreibung des Thierreichs, war der Sohn eines unbemittelten Offiziers bei einem Schweizerregimente und wurde 1769 in dem damals würtemberg. Orte Mömpelgard geboren.

Seines schwächlichen Körpers wegen zum gelehrten Stande bestimmt, wollte er in Tübingen Theologie studiren, wurde aber bei der Bewerbung um die ihm dazu unentbehrlichen Stipendien abgewiesen. Dies war jedoch mit so offenbarem Unrechte geschehen, daß die höhere Behörde den fleißigen Jüngling durch eine Stelle bei der Karlsakademie in Stuttgart entschädigte, wo er sich nun mit der Rechtswissenschaft beschäftigte. Nachdem C. in Deutschland seine gelehrte Bildung begründet hatte, wurde er Hofmeister in einem gräflichen Hause in der Normandie, fand aber Muße, sich den schon vorher liebgewonnenen naturhistorischen Studien hinzugeben, und eine natürliche Ordnung der Würmer war die erste Frucht seiner Forschungen. Schon in diesem seinem ersten Werke sprach sich die geistvolle Übersichtlichkeit, mit der er später alle Reiche der Natur umfaßte und die ihm vorzüglich eigne Klarheit der Darstellung neben wissenschaftlicher Gründlichkeit so glänzend aus, daß die berühmtesten franz. Naturforscher ihn auszeichneten und nach Paris zogen, wo er 1795 bei der Centralschule angestellt ward, seitdem mit unermüdlicher Thätigkeit seinen Wissenschaften lebte und durch sein Hauptwerk »Das Thierreich«, dessen Eintheilung er nach dem Bau der Thiere durchgeführt hat und das nach der zweiten Auflage von F. S. Voigt (Lpz. 1831 fg.) ins Deutsche übersetzt worden ist, seinen Ruhm als Kenner dieses wichtigen Faches begründete, von dem er seit 1828 einen Theil, die Naturgeschichte der Fische, von welcher acht Bände erschienen sind, mit gleicher Auszeichnung bearbeitete, allein unvollendet hinterließ. C. wurde 1818 Mitglied der Akademie, bekleidete aber auch im Staatsdienste hohe Würden mit Auszeichnung. Schon unter Napoleon im Departement des öffentlichen Unterrichts angestellt, wurde C. 1813 in den Staatsrath befördert und nach Ludwig XVIII. Rückkehr zum wirklichen Staatsrathe ernannt, wo er unter Anderm auch Gelegenheit hatte, als aufgeklärter Protestant für seine bedrohten Glaubensgenossen zu wirken. Auch muß als ein Zeichen seiner Denkart erwähnt werden, daß er sich damals nicht bewegen ließ, das Amt eines Censors zu übernehmen. C. ward 1831 zum Pair erhoben und auch das Ausland blieb mit der Anerkennung seiner gelehrten Verdienste nicht zurück, denn fast alle gelehrten Vereine in Europa ernannten ihn zu ihrem Ehrenmitgliede. Auch hinsichtlich seines Charakters verdient C. Auszeichnung, denn die Anerkennung fremden Verdienstes, die Bereitwilligkeit, die Forschungen Anderer durch seine Sammlungen und seinen Rath zu befördern, war ihm Pflicht und seine Berufsthätigkeit endete nur mit seinem im Mai 1832 erfolgten Tode. Die berühmtesten pariser Gelehrten hielten Reden bei seiner Beerdigung, die auch militairische Feierlichkeiten begleiteten, weil C. Großoffizier der Ehrenlegion war, seiner Witwe aber verlieh der König eine Pension von 6000 Francs.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 489.
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