Keuchhusten

[595] Keuchhusten, Stickhuften, blauer Husten, Eselshusten wird eine fast immer nur Kinder, höchst selten Erwachsene befallende Krankheit genannt, die man erst seit Anfang des 15. Jahrh. näher kennen gelernt hat und in periodisch, jedoch zu unbestimmten Zeiten wiederkehrenden, durch ganz freie Zwischenräume unterbrochenen, krampfhaften Hustenanfällen besteht, die mit einem sehr gezogenen Einathmen, welches einen dem Eselsgeschrei ähnlichen Ton verursacht, zu beginnen und meist mit Erbrechen zu endigen pflegen. Die Krankheit fängt ganz wie ein gewöhnlicher Katarrh (s.d.) mit einem trockenen, helltönenden Husten an, der besonders gegen Abend zunimmt, von einem leichten Fieber begleitet wird und in dieser Art 3–4 Tage dauert, oft aber auch Wochen lang anhält. Dieser Husten nimmt allmälig einen nervösen Charakter an. Er stellt sich anfallsweise ein, beginnt mit dem schon erwähnten Einathmen, auf das schnell hintereinander 5–6 kurz und gellend abgestoßene Ausathmungen folgen, worauf die Einathmung sich in gleicher, aber noch quälenderer Art wiederholt, bis abermals mehre stoßweise erfolgende Ausathmungen den Anfall beendigen. Der Eintritt dieser Anfälle, die immer plötzlich kommen, verräth sich den kleinen Kranken durch eine Empfindung von Kitzel oder Druck in der Luftröhre oder Magengegend und ein ängstliches Vorgefühl, welches sie veranlaßt, sich aufzurichten und nach einem festen Stützpunkte für den Oberkörper umzusehen. Nimmt nun das Husten seinen Anfang, so gerathen fast alle Muskeln in eine zitternde oder zuckende Bewegung, das Gesicht färbt sich dunkel- oder blauroth, ebenso die Lippen, die Augen beginnen zu thränen und werden hervorgetrieben, der Puls wird häufig, klein und hart, wol auch zitternd, Hände und Füße erkalten, die [595] Haut bedeckt sich mit einem klebrigen Schweiße, Urin und Koth gehen unwillkürlich ab, der immer qualvoller werdende Husten entleert höchstens etwas Schleim aus der Luftröhre, zuweilen gar nichts und endet meist unter Erbrechen oder indem Blut aus Mund und Nase kommt. Nach Beendigung eines solchen Anfalls, der eine bis drei oder vier Minuten zu dauern pflegt, weinen zwar die Kinder noch einige Zeit und fühlen sich etwas erschöpft, kehren aber bald wieder zu ihren Spielen zurück oder verlangen wol auch zu essen oder zu trinken. Dergleichen Anfälle treten oft ohne alle besondere Veranlassung ein, werden aber auch oft durch Gemüthsbewegungen, heftiges Schreien und Lachen und dergleichen hervorgerufen, finden im Anfange nur einige Male des Tages statt, werden indeß nach und nach immer häufiger und anstrengender, sodaß sie auf der Höhe der Krankheit alle halbe Stunden sich einstellen, und bewirken endlich, daß sich die Kranken auch in den Zwischenzeiten unwohl und erschöpft fühlen. Dieser Zeitraum des Keuchhustens, welcher der krampfhafte, convulsivische genannt wird, dauert gewöhnlich drei bis vier Wochen, oft noch länger, bis der Husten allmälig weniger quälend, mehr feucht und lösend wird und die ganze Krankheit unter reichlichem Auswurfe eines weißgelblichen oder grüngelblichen Schleims, sowie unter allgemeinen erleichternden Schweißen in Genesung oder in andere Krankheiten übergeht. Der Keuchhusten herrscht meist epidemisch und entwickelt zuweilen einen Ansteckungsstoff, der seine Ausbreitung nur noch mehr begünstigt. Am häufigsten beobachtet man ihn in den spätern Wintermonaten und im Frühlinge, zuweilen im Gefolge von Pocken- und Masernepidemien, vorzüglich bei Kindern, die schon früher an andern Kinder- oder Lungenkrankheiten, Katarrhen oder Nervenübeln litten. Er befällt in der Regel nur einmal im Leben. Lange Dauer, große Heftigkeit der Krankheit, sowie schwächliche, nervöse Körperconstitution und ungewöhnliche Wohlbeleibtheit der befallenen Kinder lassen üble Ausgänge befürchten, als welche man bisher Schwindsucht, Abzehrung, Gehirnhöhlenwassersucht und bleibende Engbrüstigkeit beobachtet hat, ja zuweilen tödtet das Übel wol auch durch Erstickung, Blutsturz, Schlagfluß, die dann während eines Anfalls eintreten. Viel kommt übrigens auf den Charakter der eben herrschenden Epidemie an, ob dieser gut- oder bösartig ist. Mäßiges Warmhalten, Sicherung vor nachtheiligen Witterungseinflüssen ist auch bei dem Keuchhusten wie bei dem Katarrh das beste Verhalten, was man in diätetischer Hinsicht beobachten kann.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 595-596.
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