Lavoisier

Lavoisier

[708] Lavoisier (Ant. Laurent), der Schöpfer der neuern Chemie, wurde 1743 zu Paris geboren und erwarb sich die gründlichsten und vielseitigsten naturwissenschaftlichen Kenntnisse.

Er erregte zuerst Aufsehen durch eine Schrift über[708] die zweckmäßigste Art der Straßenbeleuchtung, welche 1764 von der franz. Regierung mit dem von ihr ausgesetzten Preise belohnt wurde. Mehre ausgezeichnete Abhandlungen, welche L. darauf der Akademie überreichte, hatten 1768 seine Aufnahme in dieses Institut zur Folge. Zu ausgedehnten und kostspieligen chemisch-physikalischen Versuchen fand L. die Mittel in der Stelle eines Generalpächters, welche er übernahm. Bisher hatten die Naturforscher den Verbrennungsproceß, einen der wichtigsten und am tiefsten in das Wesen der ganzen Chemie eingreifenden, dadurch erklärt, daß sie nach Vorgang des deutschen Chemikers Stahl einen eignen Stoff, Phlogiston genannt, annahmen, welcher mit allen verbrennbaren Körpern verbunden sein und bei der Verbrennung ausgeschieden werden sollte. Schon vor L. hatte man indeß die Bemerkung gemacht, daß bei genauer Beobachtung und Untersuchung sich zeige, daß die Körper beim Verbrennen keineswegs an Gewicht verlören, sondern vielmehr gewönnen, und diese Bemerkung mußte nothwendig, wenn man das Phlogiston nicht aufgeben wollte, zu der widersinnigen Annahme führen, daß das Phlogiston ein Stoff sei, welcher durch seine Gegenwart andere Stoffe nicht schwerer, sondern leichter mache. Die Widersinnigkeit einer solchen Behauptung sah L. ein und stellte daher über den Verbrennungsproceß, sowie über den verwandten, nicht identischen Proceß der Verkalkung (Oxydation) der Metalle gründliche Untersuchungen an, bei welchen er die Entdeckungen Black's, Priestley's und Cavendish's, der 1774 den Sauerstoff entdeckte, zu Grunde legte. Bald hatte er bewiesen, daß die Metalle bei der Verkalkung eine Verbindung mit dem (in der Luft und im Wasser enthaltenen) Sauerstoff eingehen. Glänzend und ungemein förderlich für die Wissenschaft war dann die 1783 ihm gelungene Zerlegung des Wassers in seine beiden gasförmig auftretenden Bestandtheile, Sauerstoff und Wasserstoff, und die Herstellung des Wassers aus der gemeinschaftlichen Verbrennung beider Gasarten. Seine Untersuchungen führten ihn dann weiter zur Untersuchung der Processe des Athmens, der Gährung, der Vegetation, ferner der Auflösung der Metalle, des Wärmestoffs u.s.w. Auch um das Wohl des Staats erwarb sich L. Verdienste. Er leitete seit 1776 die Pulverfabrikation und führte wesentliche Verbesserungen in ihr ein, machte zur Benutzung für das neue Maßsystem höchst brauchbare Beobachtungen über die Ausdehnung der Metalle durch die Wärme und wurde 1791 einer der Commissarien des Nationalschatzes, in welcher Stellung er sich um Organisation des Finanzwesens verdient machte. Alle diese großen Verdienste verhinderten jedoch während der Schreckenszeit seine Verhaftung nicht, er wurde zum Tode verurtheilt und 1794 hingerichtet. Lagrange hat dem als Naturforscher unvergeßlichen und als Mensch durch Liebenswürdigkeit ausgezeichneten Manne ein schönes Denkmal durch den Ausspruch gesetzt: »Nur einen Augenblick kostete es den Henkern, einen solchen Kopf herunterzuschlagen, aber ein Jahrhundert reicht nicht hin, einen ähnlichen wieder hervorzubringen.«

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 708-709.
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