Nutzungen

[314] Nutzungen oder Früchte nennt man Das, was eine Sache hervorbringt oder abwirft. Man kann die Nutzungen eintheilen in natürliche, welche von der Natur erzeugt werden, z.B. Holz und Steine, Getreide u.s.w. und in bürgerliche oder uneigentliche, worunter man den Ertrag oder den Gewinn versteht, den eine Sache, z.B. ein vermiethetes Haus, abwirft. So lange die Nutzungen noch nicht erhoben sind, gehören sie zur Hauptsache und gehen mit ihr auf jeden Eigenthümer derselben über. Die erhobenen[314] Nutzungen aber bilden ein selbständiges Eigenthum und können auch einer von dem Besitzer der Hauptsache verschiedenen Person zufallen. Die natürlichen Nutzungen werden für erhoben gehalten, sobald sie vom Grund und Boden, der sie erzeugt hat, getrennt sind, oder doch der größte Theil der zu ihrer Gewinnung erfoderlichen Arbeit vollendet wurde. Die bürgerlichen oder Civilnutzungen, z.B. Zinsen, Pachtgelder u.s.w. gelten schon für erhoben, sobald der Tag erschienen ist, an welchem sie fällig sind. Die Lehre von den Nutzungen wird besonders wichtig, wenn Jemand in Folge eines Rechtsstreits verurtheilt wird, eine im Besitz gehabte Sache einem Andern abzutreten. Hat er die Sache im guten Glauben, d.i. in der wirklichen Meinung besessen, daß sie ihm rechtlich zugehöre, so hat er von den natürlichen Nutzungen blos diejenigen herauszugeben, welche er in den letzten drei Jahren vor der erhobenen Klage bezogen, insofern er sie noch nicht verbraucht oder zu Gelde gemacht hat. Doch ist er zum Ersatz aller, nach erhobener Klage gezogenen Früchte unbedingt verbunden, sie mögen noch vorhanden sein oder nicht. Von den bürgerlichen Nutzungen gibt er nur die heraus, die noch nicht erhoben sind. Der unredliche Besitzer aber, der gewußt, daß er widerrechtlich eine fremde Sache inne habe, ist zur Erstattung sowol aller gezogenen Nutzungen, sie mögen nun noch vorhanden sein oder nicht, als auch derjenigen verpflichtet, welche er bei einer sorgfältigen Verwaltung hätte ziehen können. Der Beweis der zu ziehenden Nutzungen liegt jedoch Demjenigen ob, der den Ersatz verlangt; der zur Herausgabe Verpflichtete aber ist berechtigt, alle auf den Erwerb der Nutzungen verwendeten Kosten abzuziehen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 314-315.
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