Reibung

Reibung

[657] Reibung oder Friction.

Unter den verschiedenen Hindernissen, welche bei Veranschlagung der Wirksamkeit von Maschinen in Betracht kommen, rührt das bedeutendste von der unvollständigen Glätte (Rauhigkeit) derjenigen ihrer Bestandtheile her, welche während der Bewegung miteinander in Berührung kommen, und wird Reibung oder Friction genannt. Würde es möglich sein, die Oberfläche der Körper von der geringsten Unebenheit zu befreien, so wäre, um auf einer so vollständig glatten, wagerechten Ebene einen flachen und ebenso glatten Körper in Bewegung zu setzen, die geringste Kraft hinreichend. Allein selbst der am feinsten polirte Stahl und das Glas bieten keine so glatte Oberfläche dar, vielmehr ist diese auch an ihnen mit zahllosen, obgleich höchst unbedeutenden Unebenheiten bedeckt, welche am Holz und dergl. weniger dichten Stoffen natürlich weit ansehnlicher sind. Kommen nun die Flächen zweier Körper, sei es auch nur auf einem Raume von geringem Umfange, in gegenseitige Berührung, so werden die Unebenheiten (Erhöhungen und Vertiefungen) derselben ineinandergreifen und dadurch der Bewegung Eintrag thun. Die Größe dieses Hindernisses wächst natürlich mit der Rauhigkeit der sich berührenden Körper, ist aber außerdem wesentlich von dem Drucke abhängig, mit welchem die Körper durch ihr Gewicht oder andere Kräfte aneinandergepreßt werden. Dagegen kommt der Umfang der Berührungsfläche für die Größe der Reibung nicht in Betracht und diese bleibt dieselbe, wenn sich zwei Körper unter gleicher Pressung und bei gleicher Beschaffenheit der Flächen mit ihren schmalen oder mit ihren breiten Seiten berühren. Soll daher z.B. ein Stück Holz, dessen breite Seite zwei ! F., die schmale nur einen ! Zoll groß ist, über einen andern Körper hingeschoben werden, so muß man dazu dieselbe Kraft anwenden, wenn dies auf der schmalen, wie wenn es auf der breiten Seite geschieht. Die Ursache davon ist in dem verschiedenen Drucke zu suchen, mit welchem, z.B. die Schwere des Holzes zu 288 Unzen angenommen, dessen Fläche in dem einen oder andern Falle auf den Körper darunter gepreßt wird. Auf der breiten Seite würde von diesem Gewicht auf jeden ! Zoll ein Druck von einer Unze ausgeübt werden und der Gesammtwiderstand würde demnach 288mal so groß wie der von einem ! Zoll mit dem Druck von einer Unze sein. Wird nun das Holz auf die schmale Fläche gelegt, so vereinigt sich auf ihrem einen ! Zoll der ganze Druck von 288 Unzen, und der durch Reibung bewirkte Widerstand ist ebenso groß wie auf der breiten Seite. Bei gleicher Beschaffenheit der Körper hat die Erfahrung dargethan, daß die Größe der Reibung ein aliquoter, d.h. bestimmter Theil des Gewichts oder Drucks bleibt, und man nennt denselben den Reibungsquotienten. Bei Hölzern, Steinen und ähnlichen wenig glatten Körpern beträgt er, oder mit andern Worten die Reibung, mitunter mehr als das Drittel des Gewichts oder der anpressenden Kraft, vermindert sich aber mit der Härte und Glätte der Oberflächen und ist zwischen Metallen nur ungefähr ein Viertel davon. Ferner ist die Reibung im Allgemeinen unter verschiedenartigen Körpern geringer als unter gleichartigen und beträgt z.B. zwischen Holz und Metall nur den fünften Theil des Gewichts. Vermindert wird dieselbe ferner, wenn man einen öligen, fettigen oder ähnlichen flüssigen Stoff zwischen die sich reibenden Theile bringt (sie schmiert), welcher die Unebenheiten der Fächen ausfüllt und dadurch sie glätter macht. Allein nicht jede Schmiere ist zu jedem Körper gleich brauchbar und während für Holz die Seife, sind für Metalle fette Öle zu empfehlen. Von geringem Belang ist es für die Reibung, mit welcher Geschwindigkeit sich zwei bewegte oder ein bewegter und ein ruhender Körper berühren. Dies findet überhaupt statt, indem 1) eine Fläche über die andere hingleitet; 2) indem ein [657] runder Körper über den andern hinrollt, wie z.B. ein Wagenrad oder eine Walze über den ebenen Boden; 3) wenn sich eine Axe in einem hohlen Raume oder ein hohler Cylinder um eine Axe dreht, und bei Gleichheit der Oberfläche und der anpressenden Kraft ist die Reibung im ersten Falle am größten und im zweiten am geringsten. Im letztern ist sie auch noch vom Durchmesser des rollenden Körpers abhängig und vermindert sich mit der wachsenden Größe desselben. Fuhrwerke mit großen Rädern werden daher weniger von den Unebenheiten des Wegs gehindert, als die mit kleinen. Wo es von besonderer Wichtigkeit ist, die Reibung an den Maschinen so viel als möglich zu vermindern, werden die Zapfen des Hauptrades nicht auf feste Unterlagen, sondern auf den Umfang drehbarer Räder oder Rollen gestützt, wie z.B. in der nebenstehenden Figur, welche Frictionsrollen, die Räder Frictionsräder heißen. Allein die Reibung tritt nicht blos als ein nachtheiliges Hinderniß auf, sondern sie wird auch nützlich. So vergrößert man beim Bergabfahren die Reibung durch Einhemmen von einem oder zwei Rädern und hindert dadurch das Fuhrwerk am plötzlichen Hinabrollen. Sie wird ferner zum Übertragen der Bewegung von einem Rade auf das andere oder von einer Achse benutzt, indem man Bänder, Riemen oder Schnuren um beide spannt; durch Reibung wird das Schärfen und Poliren vieler Dinge bewirkt; sie erleichtert uns das Gehen, wie Jeder im Winter sieht, wenn die gewöhnliche Friction zwischen unsern Füßen und dem Erdboden durch Glatteis plötzlich sehr vermindert worden ist, und wenn alle Gegenstände vollkommen glatt, d.h. ohne alle Rauhigkeit wären, würden wir auch die leichtesten nur mittels eines außerordentlichen Kraftaufwandes in den Händen zu halten und überhaupt damit zu hanthieren im Stande sein.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 657-658.
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