Surlet de Chokier

[337] Surlet de Chokier (Erasmus Ludwig, Baron), Regent von Belgien im J. 1831, ward 1769 zu Lüttich geboren. Er war während der franz. Herrschaft Maire zu Ginglom bei St.-Trond, 1800–12 Mitglied des großen Rathes und 1812–14 Mitglied des gesetzgebenden Körpers. Der König der Niederlande ernannte ihn nach der Vereinigung Belgiens mit Holland zum Mitglied der zweiten Kammer, doch ward er nach 1818 nicht wieder erwählt. Er trat später als Mitglied der Provinzialstände Limburgs auf, und zeichnete sich in den Kammersitzungen von 1828–30 durch seine Anträge auf Abhülfe gegen die geäußerten Beschwerden aus. Bei Ausbruch des Aufstandes in Belgien hielt sich S. anfangs zu derjenigen Partei, welche nur auf eine abgesonderte Verwaltung Belgiens von Holland drang, ohne jedoch eine vollkommene Trennung zu verlangen. In diesem Sinne unterhandelte er im Verein mit den übrigen Abgesandten der südl. Provinzen mit der niederländ. Regierung im Haag. Als jedoch die Revolution ihren Fortgang nahm, trat er als Abgeordneter des Bezirks Hasselt in den Nationalcongreß und wurde von diesem am 11. Nov. 1830 zum Präsidenten gewählt. In jedem Monat mußte verfassungsmäßig eine neue Präsidentenwahl vorgenommen werden, aber S. wußte sich so die allgemeine Achtung zu erwerben, daß er immer aufs Neue gewählt wurde. Als Präsident proclamirte er am 19. Nov. die Unabhängigkeit Belgiens, am 22. die monarchische Verfassung und die Ausschließung des Hauses Oranien vom belg. Throne. Hierauf war er bemüht, die Wahl des Herzogs von Nemours zum Könige durchzusetzen, und begab sich selbst mit einer Deputation nach Paris, um demselben die belg. Krone anzubieten. Als diese Wahl abgelehnt wurde, stellte sich die dringende Nothwendigkeit heraus, durch Wahl einer mit dem königl. Ansehen bekleideten Person die gegebene Verfassung in Vollziehung zu bringen, um dadurch dem jungen Staate eine Stütze nach innen und außen zu geben. Man konnte keinen Würdigern finden als S., welcher am 26. Febr. 1831 feierlich zum Regenten eingesetzt wurde und die Verfassung beschwor. Nun war er auf das uneigennützigste zum Heil Belgiens thätig, indem er unter den schwierigsten Verhältnissen Alles that, um Belgien zu befestigen, und namentlich die Wahl des Prinzen Leopold von Sachsen, Koburg zum Könige betrieb. Nachdem derselbe am 21. Juli 1831 seinen Einzug in Brüssel gehalten, legte S. seine Gewalt in die Hände des Präsidenten des Congresses nieder und schied mit der Achtung aller Einsichtigen von dem öffentlichen Schauplatze. Der Congreß beschloß, eine Denkmünze auf seine Regentschaft schlagen zu lassen und ihm einen lebenslänglichen Jahresgehalt von 10000 Gulden zu gewähren. Er zog sich nach Ginglom als Vorstand der Gemeindeverwaltung zurück und ist 1839 auf seinem Schlosse Gingelone bei St.-Trond gestorben.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 337.
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