Ulema

[512] Ulēma, die Gesetzgelehrten, wird im osman. Reiche die Gesammtheit der Geistlichen und Rechtsgelehrten genannt, welche dort einander darum so nahe stehen, weil der Koran ebenso gut Quelle der Glaubensvorschriften wie des bürgerlichen Rechtes ist. Der Scheik-ul-Islam oder Mufti (s.d.) ist Oberhaupt des Ulema, das in drei Hauptclassen getheilt wird, nämlich in die beim Gottesdienst und bei der Verwaltung der zu den Moscheen gehörigen Schulen u.a. Stiftungen Angestellten, in die Richter aller Classen oder die Mollas, Kadis und Naibs, und in die Muftis und Gesetzerklärer in den Provinzen. In beschränkterm Sinne wird aber unter Ulema auch nur eine Körperschaft von Gesetzgelehrten in Konstantinopel verstanden, an deren Spitze der Scheik-ul-Islam, nach ihm die Kadi-Askers von Rumelien und Natolien oder die beiden Großrichter des Reichs, der Istambul-Kadisi oder Richter von Konstantinopel und die Mollas oder Richter von Galata und Ejub, zwei europ. Vorstädten von Konstantinopel, und von Skutari stehen. In den Ulemas fanden von jeher Neuerungen nach europ. Muster die hartnäckigsten Gegner und sie haben auf die Entschließungen der Sultane immer den größten Einfluß ausgeübt und nicht selten zu gewaltsamen Regentenwechseln mitgewirkt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 512.
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