Weiden

[679] Weiden, Viehweiden, sind Ländereien, auf denen Hausthiere unter Beaufsichtigung von Hirten oder indem sie dort angebunden werden, ihr Futter selbst suchen müssen. In Hinsicht ihrer Benutzung für diesen Zweck hat man allmälig eingesehen, daß es nur in wenig Verhältnissen nicht vortheilhafter sei, dergleichen Ländereien als Ackerland, Wiese oder Wald zu bewirthschaften, künstlichen Futterbau und Stallfütterung einzuführen. In der Regel kann dabei viel mehr Vieh gehalten werden, wodurch eine ansehnlich größere Menge Dünger dem Felde zu Gute kommt. Wo indessen die Ernährung des Viehes im Sommer durch den Weidegang beibehalten wird, muß auch eine angemessene Sorgfalt darauf gewendet werden, den Ertrag der Weide möglichst hoch zu bringen, d.h. die größte Menge Gras davon zu erzielen, welcher der Boden fähig ist. Der Unterschied der verschiedenen Weiden ist darin so groß, daß z.B. zur Ernährung einer Kuh, welche des Tags wenigstens 70 Pfd. Gras bedarf, eine Fläche von 11/2 – 10 magdeburger Morgen zu 180 rhein. ! Ruthen erfoderlich sein kann. Im Allgemeinen gilt die Annahme, daß, wo mehr als vier Morgen zur Ernährung einer Kuh nöthig sind, die Weide für das Rindvieh überhaupt zu schlecht sei und nur mit anderm, kleinerm Vieh betrieben werden dürfe. Eingetheilt werden die Weiden 1) in wechselnde, d.h. solche, wo abwechselnd auf gewöhnlich zum Feldbau benutzte Ländereien das Vieh gehütet wird. Dies geschieht nach eingebrachter Ernte auf den Stoppeln (Stoppelweide), ferner auf brachliegenden Feldern (Brachweide) und bei der Dreesch- oder Drischweide, wo Felder nach ein- und mehrjähriger Bestellung durch drei und mehre Jahre als Weiden benutzt werden. Man überläßt aber jetzt die Berasung derselben nicht mehr der Natur, sondern befördert dieselbe durch Ansäen guter Futtergräser und Futterkräuter. 2) Vor- und Nachweiden auf den Wiesen im Frühjahr und Herbst, wobei wesentlich zu beachten ist, daß der Boden nicht zu weich sein darf, wenn Rindvieh und Pferde nicht gleichsam durchtreten und damit dem Graswuchs großen Schaden zufügen sollen. 3) Nebenweiden, d.h. wo die Weide als Nebennutzung auftritt, wie bei der Hutung in Wäldern und in Teichen. Die Waldweide kann für die Landwirthschaft von großem Werthe sein, nur muß sie mit der Schonung des Holzes im Einklange stehen. Bei hinlänglichem Umfange des Waldes und zweckmäßiger Bewirthschaftung desselben, kann jedoch in Laubwäldern stets zwei Drittel, in Nadelholzwäldern drei Viertel des Ganzen [679] ohne den geringsten Nachtheil für die Forstwirthschaft beweidet werden. Es wäre daher gewiß ein großer Verlust, wenn die Millionen Morgen Wald, welche keiner Schonung von dieser Seite bedürfen, der Benutzung als Viehweide nicht unterliegen sollten. Nur Ziegen sind allenthalben von der Waldweide ausgeschlossen, für die Schweine aber ist die Waldmast oder Schmeerhute in Buch- und Eichwäldern bestimmt. 4) Ausschließlich zur Viehtrift bestimmt sind endlich die beständigen oder Angerweiden. – Unter Weidvieh wird im Gegensatz zu dem im Stall gefütterten dasjenige verstanden, was im Sommer nur auf der Weide seine Nahrung findet, wie das Rindvieh in Gebirgs- und Marschgegenden oft so lange dort bleibt, als es Futter findet, jedoch auch wol des Mittags und Abends eingetrieben wird und nur seine Hauptnahrung auf der Weide erhält. Pferde, Ziegen und Schafe, sowie Gänse und Enten, werden ebenfalls hierher gerechnet. – Weidewirthschaft wird es genannt, wo man das Vieh den Sommer über ganz allein auf der Weide ernährt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 679-680.
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