Wenceslaus

[694] Wenceslaus oder Wenzel, deutscher Kaiser (1378–1400) und König von Böhmen, geb. 1361, war der älteste Sohn Kaiser Karl IV. aus dem Hause Luxemburg, welcher ihn schon im zweiten Jahre zum Könige von Böhmen krönen ließ und durch Bestechung die Kurfürsten vermochte, 1376 W. zu seinem Nachfolger auf dem deutschen Throne zu wählen. Im zehnten Jahre vermählte er ihn, ließ ihn bei gänzlich verfehlter Erziehung seit dem 12 Jahre an Staatsgeschäften Theil nehmen und mit 18 Jahren gelangte er nach Karl IV. Tode auf den deutschen Thron. So gebrach es ihm denn an allen Eigenschaften, um den im deutschen Reiche, besonders in den Rheinlanden tobenden Parteikämpfen und Befehdungen ein Ziel zu setzen und die gleichzeitig durch zwiespältige Papstwahlen in der Kirche eingerissenen Zwistigkeiten auf würdige Weise zu versöhnen. Hochmüthig, grausam, den Genüssen gemeiner Sinnlichkeit ergeben, kümmerte ihn das Wohl seiner Erbstaaten so wenig wie die Regierung des Reichs und der auf Andringen der Fürsten von ihm gebotene Landfriede hatte keinen Bestand, weil er durch keine kräftige Maßregel aufrecht erhalten wurde. Der Krieg zwischen den rhein. und schwäb. Städtebünden und den fürstl. und adeligen Vereinen des Löwen-, St.-Wilhelms- und St.-Georgenschildes tobte daher seit 1387 von neuem, bis der zu Eger 1389 gestiftete Landfriede demselben für einige Zeit meist darum Einhalt that, weil die Macht der Städte sehr geschwächt worden war. Gern entsprach W. dem Wunsche der Stände, die Fürsten und Städte von den sie drückenden Judenschulden gewaltsam zu befreien, ließ sich aber als Obereigenthümer des Vermögens der Juden 15 Procent davon bezahlen. W. hatte jedoch auch in Böhmen die Achtung und Liebe des Volks verscherzt und da er zugleich die Geistlichkeit, ja seinen Bruder Sigismund, König von Ungarn, wider sich hatte, ward er schon 1394 von verschworenen böhm. Großen gefangen gesetzt. Nach seiner Befreiung that er aber nichts, um das verlorene Ansehen wieder zu gewinnen, ward endlich 1400 von den Kurfürsten von Mainz, Köln, Trier und der Pfalz förmlich des deutschen Throns entsetzt und Kurfürst Ruprecht von der Pfalz an seine Stelle gewählt. In einem neuen Streite W.'s mit Sigismund von Ungarn ließ dieser ihn gefangen nehmen und 11/2 Jahr in Wien festhalten, doch trat er erst nach Ruprecht's Tode und der Erwählung Sigismund's zum deutschen Kaiser an diesem seine Rechte ab. W. blieb König von Böhmen, wo er auch die große Auswanderung der Ausländer von der Universität Prag mit veranlaßte, indem er die Streitigkeiten derselben mit den Böhmen nicht zu vermitteln wußte. Die Anhänger von Huß (s.d.), welchen W. ernstlich in Schutz nahm, wurden anfangs mit aus Abneigung wider die Geistlichkeit von ihm begünstigt, der über Huß's Hinrichtung ausbrechende Aufstand derselben erzürnte ihn aber so, daß er vom Schlage getroffen, 1419 plötzlich starb.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 694.
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