Wilhelm [1]

Wilhelm [1]

[730] Wilhelm (Georg August Heinrich Belgicus), 1816–39 Herzog von Nassau, geb. 1792, gelangte nach dem Ableben seines Vaters, des Fürsten Friedrich Wilhelm von Nassau-Weilburg, am 9. Jan. 1816 zur Regierung dieser Lande, und nach dem im Nov. 1816 mit Herzog Friedrich August erfolgten Erlöschen des Mannsstammes von Nassau-Usingen fielen ihm auch diese Besitzungen zu, sodaß von ihm sämmtliche Länder der Walram'schen Linie des Hauses Nassau (s.d.) vereinigt worden sind.

Unstreitig wollte der Herzog nur das Beste des Landes, gleichwol waren die Schritte mehr als auffallend, mittels welcher in den über die Domainen entstandenen Meinungsverschiedenheiten mit der zweiten Kammer, die Regierung 1832 ihren Willen durchsetzte. (S. Nassau.) Indessen stellte sich nach dem Tode des Ministers v. Marschall im J. 1834 deutlich in dem nun eintretenden mildern und rechtlichen Verfahren heraus. welchem Einflusse jenes Verhalten zuzuschreiben war. Nachdem Ende 1834 der allgemein geachtete Graf von Walderdorff Minister geworden, kam endlich 1837 auch eine Vereinigung wegen des Domainenvermögens zu Stande, dessen Unveräußerlichkeit zwar gesetzlich gemacht, die Frage aber, ob es dem Lande oder regierenden Hause eigenthümlich angehöre, nicht entschieden wurde. Dagegen verstanden sich die Stände zur Verwandlung eines zum Unterhalt des regierenden Hauses, zu den Einkünften aus den Domainen gezahlten Zuschusses aus der Steuerkasse von 140,000 Gldn., in 2,400,000 Gldn. Ablösungscapital, welches sie bei der Domainenkasse mit 3% Verzinsung anliehen und durch jährliche Zahlung von 126,000 Gldn., in einer bestimmten Reihe von Jahren abtragen wollen. Dem deutschen Zollverein trat der Herzog im Dec. 1835 bei; die Schiffbarmachung der Lahn ward vom Landtage 1839 auf Regierungsantrag beschlossen und geschieht mit Preußen gemeinschaftlich mit einem Aufwande von 800,000 Gldn. Die März 1840 sehr verspätet erfolgte Eröffnung der Taunuseisenbahn von Wiesbaden über Castell bei Mainz nach Frankfurt, zu welcher schon 1837 Concession ertheilt worden war, erlebte der am 20. Aug. 1839 verstorbene W. nicht mehr, der in erster Ehe seit 1813 mit Luise, Prinzessin von Sachsen-Hildburghausen, gest. 1825, sodann seit 1829 mit Pauline, Tochter des Prinzen Paul von Würtemberg vermählt gewesen war und mit beiden Kinder erzeugt hat. Sein Nachfolger wurde Adolf Wilhelm Karl August Friedrich, geb. 24. Jul. 1817, der mit seinem Bruder Moritz, geb. 1820, seit 1837 in Wien verweilte, um dort unter Leitung des in Danzig geborenen, protestantisch erzogenen, dann zur katholischen Kirche, [730] sowie aus preuß. in östreich. Dienste übergegangenen kais. Staatskanzleiraths Jarcke, ihre Erziehung und höhere Ausbildung zu vollenden, von wo er kurz vor seines Vaters Tode zurückgekehrt war, um zu den Regierungsgeschäften näher angeleitet zu werden. Die nothwendig gewordene vollständige Ausrüstung des nassau. Bundescontingents bedingte den Antrag auf Vermehrung der directen Steuern, welcher dem im März 1841 eröffneten Landtage vorgelegt wurde. Eine Zwistigkeit eigner Art drohte in derselben Zeit mit Hessen-Darmstadt auszubrechen, welches von allerlei Wasserbauten, die zur Verbesserung des Hafens und Fahrwassers bei Biberich nassauischer Seits vorgenommen worden waren, für das Fahrwasser und den Hafen bei Mainz nachtheilige Folgen besorgte. Da Biberich durch die Rheinschiffahrtsacte von 1831 zu einem Freihafen erklärt war, lagen die Anstalten zur umfänglichern Benutzung dieses Rechts und insbesondere die Einrichtung eines Landungsplatzes für Dampfboote und größere Fahrzeuge im Interesse Nassaus. Von jeher gingen alle zwischen Mainz und Biberich fahrende Schiffe und so neuerdings auch die Dampfboote, durch den Rheinarm zwischen den Biberich gegenüberliegenden Rheininseln Bibericherau und (der hess.) Petersau. Nun hatte in den letzten Jahren Nassau zur Verstärkung der Strömung jenes Rheinarmes eine sogenannte Buhne an der Bibericherau anlegen lassen und dieser ward besonders zugeschrieben, daß sie die Versandung der hess. Rheinseite befördern solle. Anstatt aber deshalb Einspruch zu thun, ward von hess. Seite eine geheime Expedition ganz eigner Art vorbereitet, indem 80 auf dem Neckar mit großen Sandsteinen beladene Segelschiffe plötzlich in der Nacht zum 1. März zwischen der Bibericherau und Petersau anfuhren und mit ihren Steinen den ganzen Rheinarm und damit die Einfahrt nach Biberich zudämmten. Der gerade in Köln verweilende Herzog begab sich jedoch sofort am 3. März nach Frankfurt, um beim Bundestage in dieser Angelegenheit die nöthigen Schritte einzuleiten und da durch jenen Damm auch das Vertheidigungssystem der Bundesfestung Mainz, zu welchem die mit Befestigungen versehene Petersau gehört, beeinträchtigt wurde, so begann als Ergebniß der gepflogenen Untersuchungen und Verhandlungen am 18. März die bald unter Leitung preuß. Ingenieurs gestellte Wegschaffung der Steinmassen zur Herstellung einer hinreichenden Durchfahrt für Dampfboote und andere Fahrzeuge, auf Kosten der hess.-darmst. Regierung, eine besondere Commission aber wurde mit Prüfung der Beschwerden beauftragt, welche. von hess. Seite wegen der Nachtheile der nassauer Wasserbauten an der Biberichau und über deren angebliche Ausdehnung in das hess. Rheingebiet, für das hess. Rheinufer erhoben wurden.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 730-731.
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