Gottsched, Madame

[485] Gottsched, Madame, Luise Adelgunde Victorie, geb. Kulmus, wurde 1713 zu Danzig geboren, erhielt eine sorgfältige Erziehung und verlobte sich bereits in ihrem 16. Jahre mit dem leipziger Professor Gottsched, der sich auch 1735 mit ihr verband. Da sie als Mädchen ernsthafte Sprachstudien getrieben, so half sie später ihrem Gatten bei seinen gelehrten Arbeiten, lernte von ihm Griechisch und Lateinisch und trat bald als selbstständige Schriftstellerin auf. Neben diesen wissenschaftlichen Beschäftigungen vernachlässigte sie aber ihre häuslichen Arbeiten nicht, und so kam es, daß sie durch rastlose Thätigkeit ihre Gesundheit zerrüttete und schon 1762, im 49. Jahre ihres Alters, starb. Sie schrieb Lustspiele, ein Trauer- und ein Schäferspiel und übersetzte Vieles aus dem Französischen. Ihr deutscher Stil war eleganter und seiner, als der ihres Gatten, der zu damaliger Zeit eines unverdienten großen Ruhmes genoß; ihre vertrauten Briefe sind Musterbilder. Bouterwek sagt von ihr: »Ihre Schriften beweisen, daß sie weit mehr Geist und von Natur einen weit feinern Geschmack hatte, als ihr Ehemann; aber in seiner Schule mußte sie ihm ähnlich werden, da es ihr, wie den meisten geistreichen Frauen, an Selbstständigkeit fehlte. Phantasie hatte sie weniger als Gefühl. Eine sanfte, moralische Würde ist auch in ihren Lustspielen nicht zu verkennen, die sich überdieß durch natürliche Charakterzeichnung und Leichtigkeit des Dialogs empfehlen. Ihr Trauerspiel »Panthea« ist bei aller moralischen Zurüstung sehr matt.« – In ihren Briefen zeigt sie sich als zärtliche Tochter. tugendhafte Gattin, gute Hausfrau und treue, liebevolle Freundin. Ihr Ruhm war zu ihrer Zeit nicht gering, hätte sie ihr Talent mehr selbstständig entwickelt, so wäre er gewiß[485] bis auf unsere Zeiten gedrungen, denn ihren Anlagen zu Folge war sie eine der größten deutschen Frauen.

B.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 4. [o.O.] 1835, S. 485-486.
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