Elemente des Bewußtseins

[249] Elemente des Bewußtseins (psychische Elemente) erhält man durch eine abstrahierende Analyse dessen, was im wirklichen Erleben eine Einheit, ein concretes Ganzes bildet, aber Momente, Seiten, Teile aufweist, die sich in der Betrachtung voneinander sondern lassen. Das Primäre ist das einheitliche Erlebnis, das sich in Elemente »objectiver« (Empfindungen) und »subjectiver« Art (Gefühle) auseinander legen läßt.

Die Associationspsychologie (s. d.) neigt zur atomistischen Auffassung des Seelenlebens, das sie als aus selbständigen psychischen Elementen (Empfindungen) aufgebaut betrachtet. – H. SPENCER sieht in den psychischen Elementen (»feelings«) Teile des Bewußtseins, die für sich hervortreten, aber in Beziehungen zueinander stehen (Psychol. I, § 60). WUNDT bemerkt: »Da alle psychischen Erfahrungsinhalte von zusammengesetzter Beschaffenheit sind, so sind psychische Elemente im Sinne absolut einfacher und unzerlegbarer Bestandteile des psychischen Geschehens die Erzeugnisse einer Analyse und Abstraction, die nur dadurch möglich wird, daß die Elemente tatsächlich in wechselnder Weise miteinander verbunden sind« (Gr. d. Psychol.5, S. 35; Syst. d. Philos.2, S. 572; Vorles.2, S. 14; Ess. 8, S. 208 f.). »Der Tatsache, daß die unmittelbare Erfahrung zwei Factoren enthält, einen objectiven Erfahrungsinhalt und das erfahrende Subject, entsprechen zwei Arten psychischer Elemente, die sich als Producte der psychologischen Analyse ergeben. Die Elemente des objectiven Erfahrungsinhaltes bezeichnen wir als Empfindungselemente oder schlechthin als Empfindungen... Die subjectiven Elemente bezeichnen wir als Gefühlselemente oder als einfache Gefühle« (Gr. d. Psychol.5, S. 36) »Da die wirklichen psychischen Erfahrungsinhalte stets aus mannigfachen Verbindungen von Empfindungs- und Gefühlselementen bestehen, so liegt der specifische Charakter der einzelnen psychischen Vorgänge zum größten Teile durchaus nicht in der Beschaffenheit jener Elemente, sondern in ihren Verbindungen zu zusammengesetzten psychischen Gebilden begründet« (l.c. S. 36). »Specifische Beschaffenheit und elementare Natur psychischer Vorgänge sind... völlig verschiedene Begriffe. Jedes psychische Element ist ein specifischer Erfahrungsinhalt aber nicht jeder sprcifische Inhalt ist zugleich ein psychisches Element« (l.c. S. 37). Allen Elementen kommen zwei »Bestimmungsstücke« zu: Qualität und Intensität (ib.). SULLY rechnet zu den »primitive psychical elements« die Empfindungen, die einfachen Gefühle und die reflectorischen und Instinct-Handlungen (Hum. Mind I). EBBINGHAUS ist nicht Anhänger der »atomistischen« Psychologie, hält aber die Zerlegung des Bewußtseins in Elemente für notwendig (Gr. d. Psychol. I, 164). KÜLPE betont, die einfachen Seelenvorgänge seien nicht den Atomen der Physik vergleichbar. »Einfacher Bewußtseinsinhalt« ist ein solcher, der keine Verschiedenheit in qualitativer Hinsicht erkennen läßt. Die Zahl der qualitativ unterscheidbaren Bewußtseinselemente ist[249] sehr groß (Gr. d. Psychol. S. 20). Wir erhalten sie durch Analyse und Abstraction (l.c. S. 22). Gegner der »atomistischen« Psychologie (s. d.) ist H. CORNELIUS. Nach ihm ist das unmittelbar Gegebene nicht eine Summe psychischer Elemente, sondern die einheitliche, zusammenhängende Erfahrung, innerhalb welcher wir, auf dem Wege der Abstraction, Elemente unterscheiden (Einl. in d. Philos. S. 206). Vgl. Impression.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Wörterbuch der philosophischen Begriffe, Band 1. Berlin 1904, S. 249-250.
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