Ferdinandus III, S. (1)

[193] 1S. Ferdinandus III., Rex. (30. Mai). Vom Altd. Herinand, Fernand = heereskühn, kühn im Heere etc.; nach Andern der Schützende etc. – Dieser hl. Ferdinand, König von Castilien und Leon (Castellae et Legionis) im heutigen Spanien, der älteste Sohn des Königs Alphons IX. von Leon und der Berengaria (nach Butler VII. 292 Berenguela) von Castilien, der Schwester der Königin Blanca von Frankreich und Mutter des hl. Ludwig, erblickte das Licht der Welt im J. 1198 (1199). Seine Eltern waren im dritten Grade blutsverwandt, und da sie ohne Dispense geheirathet hatten, war ihre Ehe nach kirchlichen Gesetzen ungiltig. Auf Befehl des Papstes Innocenz III. mußten sie sich daher trennen, und Berengaria begab sich zu ihrem Vater Alphons VIII. von Castilien zurück, welcher einer der tapfersten und frömmsten Könige Spaniens war. Die ausdieser Ehe entsprossenen Kinder aber, zwei Söhne und zwei Töchter, wurden, weil die Ehe nur aus Irrthum geschlossen war, für[193] rechtmäßig erklärt. Schon im J. 1204 wurde Ferdinand auf Andringen seines mütterlichen den Cortes zu Leon als dereinstiger Nachfolger seines Vaters anerkannt. Hoffnungsvoll wuchs der junge Prinz heran; kühner Muth und Fertigkeit in allen ritterlichen Uebungen schmückten ihn, und mehr noch frommer Glaube und herzliche Liebe zu seinem Heilande. Noch vor seines Vaters Tod fiel ihm die Krone von Castilien zu. Dort war nämlich nach dem Tode des Königs Alphons VIII. sein Sohn Heinrich auf den Thron gestiegen, aber nachwenig Jahren, getroffen von einem herabstürzenden Dachziegel, frühzeitig verblichen. Nun fiel das Reich Castilien an seine Schwester Berengaria, und diese trat im J. 1217 ihre Rechte an ihren Sohn Ferdinand ab. Aber erst nach schwerem Kampfe gegen heimliche Ränke und offenen Aufruhr, dessen sich namentlich der mächtigste der Großen Castiliens, Don Alvarez, schuldig machte, konnte Ferdinand sein Erbe behaupten. Auch hier zeigte der junge Fürst die Milde seines Herzens; Alvarez fiel in seine Gewalt, und jeder erwartete, daß den, welcher nach der Krone gestrebt, ein strenges Gericht treffen würde. Aber der fromme König verzieh, und war nur bemüht, die Wunden zu heilen, welche die Empörung geschlagen. Wie Salomon flehte der junge Herrscher um Weisheit und Gnade, und der Herr gab sie ihm. Er gab ihm auch an dem Erzbischof Rodriguez von Toledo einen ebenso treuen als erfahrenen Rathgeber. Dieser Rodriguez gehört wohl zu den größten Männern seiner Zeit, und vereinigte in sich die Tugenden eines Priesters mit der Weisheit eines vollendeten Staatsmannes und dem Muthe eines Kriegers. Er stand dreißig Jahre lang an der Spitze der Verwaltung, sich auszeichnend durch Klugheit, Kraft und Gerechtigkeit. Auch den Rath der vielerfahrenen, auf Alles aufmerksamen und frommen Mutter Berengaria benützte Ferdinand, und sie war es, die ihn bat, die Tochter des deutschen Kaisers Philipp von Schwaben, Namens Beatrix, die vortrefflichste Prinzessin jener Zeit, zu heirathen, was denn auch am 20. Nov. 1219 geschah. Der glücklichen Ehe entsprossen sieben Söhne und drei Töchter. Dem Könige lag nichts mehr am Herzen, als sein Volk in der Furcht des Herrn zu erhalten und glücklich zu machen; dieß zeigt die Wahl seiner Minister, die Anordnung eines vortrefflichen Gesetzbuches (Las Partidas), welches jetzt noch in Castilien befolgt wird, sowie die Errichtung des unter dem Namen »königlicher Rath von Castilien« eingesetzten Gerichtsyoses, an den, um die Ungerechtigkeiten der Gerichte zu verhindern, von allen diesen appellirt werden konnte. Auch berief er die neuen und eifrigen Orden der Dominicaner und Franciscaner. Doch auch Tage der Prüfung brachen über Ferdinand herein. Alvarez, der begnadigte Empörer, sann auf neuen Verrath, und auf sein Anstiften fiel König Alphons IX. von Leon in das Gebiet des eigenen Sohnes ein. Dieser wandte alle möglichen Mittel an, um den Vater zu besänftigen; wohlwollende Männer brachten die Aussöhnung zu Stande, den meineidigen Verräther Alvarez raffte ein schneller Tod hinweg, und Ferdinand besiegelte den Frieden mit dem Vater durch schnelle Hilfe, die er ihm zuführte, als er wider die Saracenen zog. Im J. 1230 starb König Alphons IX., und Ferdinand ward nun auch Herr von Leon, zwar nicht ohne Widerspruch, indem sein Vater widerrechtlicher Weise seine zwei Töchter Samha und Dulcia aus erster Ehe mit Theresia von Portugal durch Testament zu Erbinnen seines Reiches eingesetzt hatte. Indessen gelang es der klugen Vermittlung seiner Mutter Berengaria, den ausbrechenden Bürgerkrieg abzuwenden und die beinahe allgemein mißfällige Vereinigung der Königreiche Leon und Castilien zu Gunsten Ferdinands durchzusetzen. – Im J. 1224 (1225) eröffnete der hl. Ferdinand den ersten Feldzug gegen die Mauren und bis zum J. 1250 waren, größtentheils unter seiner Anführung, eine Menge Siege über dieselben erfochten, die Mauren-Könige von Valencia, Baeza, Murcia und Granada zu Vasallen gemacht, die Königreiche Cordova, Jaen und Sevilla erobert. Als die zwei glänzendsten Siege ragen die Einnahme der Städte Cordova (1236) und Sevilla (1248) hervor. Indeß fiel Sevilla erst nach einer langen Belagerung. Dankerfüllt über den Gewinn dieser zwei höchsten Glanzpunkte der spanisch-maurischen Herrschaft, zog Ferdinand nach dem Siege in feierlicher Procession in die Hauptmoschee beider Städte, ließ sie zu christlichen Kirchen einweihen und wohnte dem ersten christlichen Gottesdienste bei. Die Glocken, welche einst Mohammed Almansor auf den Schultern der Christen von Compostell nach Cordova hatte [194] bringen lassen, mußten jetzt die Mauren auf ihren Schultern nach Compostell zurücktragen. Den 300,000 aus Sevilla auswandernden Mohammedanern gestattete er freien Abzug, und suchte die entvölkerte Stadt mit christlichen Handwerkern, Künstlern und Gelehrten wieder zu beleben. Daß Ferdinand auf seiner kriegerischen Laufbahn nur von reiner Absicht geleitet wurde, dafür dürfte zeugen, daß er sich Degen und Standarte mit dem Bildniß der hl. Jungfrau von der Kirche weihen ließ, sowie die Gebete, die er vor und nach den Schlachten zum Himmel sandte, die Anordwug, daß Bischöfe und Geistliche zur Besormug des Gottesdienstes und Spendung der heil. Sacramente das Heer begleiten mußten, cie Wiederherstellung von Bisthümern, Kirchen und Klöstern in den eroberten Ländern zur Einführung und Förderung christlicher Lehre, Sitte und Cultur. Die herrlichste von Ferdinand zum Dank für seine Siege erbaute Kirche ist die Kathedrale von Toledo, ein Meisterstück der gothischen Baukunst. – Im J. 1236 traf den heil. König mitten in seinem Siegeslaufe die Trauerbotschaft von dem Tode seiner Gemahlin Beatrix; sie preßte ihm wohl Thränen des Schmerzes aus, aber er vergaß seiner Pflicht als Christ und König nicht, und setzte mit ungebeugtem Muthe seinen Zug wider die Saracenen fort. Im folgenden Jahre vermählte er sich, auf Anrathen seiner Mutter und der verwittweten Königin von Frankreich, zum Zweitenmale und zwar mit Johanna von Ponthieu, welche ihm zwei Söhne und eine Tochter gebar, von welchen die ersten vermuthlich frühzeitig starben und die letztere, Eleonora, später die Grafschaft Ponthieu und Montreuil erbte, die sie als Morgengabe dem König Eduard I.17 von England (1272–1303) zubrachte. Zuletzt führte der Eifer für die Ausbreitung der christlichen Neligion den hl. König Ferdinand noch auf den Gedanken, die Mauren in Afrika zu bekriegen; da machte aber zu Sevilla eine Wassersucht seinem Leben ein Ende. Als er dieses nahe fühlte, bereitete er sich demüthig und bußfertig auf den Tod vor, legte eine Beichte von seinem ganzen Leben ab, und begehrte die heil. Wegzehrung, die ihm der Bischof von Segovia reichte. Vor der heil. Communion betete er mit einem Strick um den Hals, das Angesicht tief zur Erde geneigt, den Heiland im Sacramente an, legte ein öffentliches Glaubensbekenntniß ab, ließ alle Zeichen seiner königlichen Würde vom Bette wegschaffen, und ermahnte in Gegenwart der königlichen Familie seinen Sohn und Nachfolger Alphons X., an allen seinen Brüdern Vaterstelle zu vertreten, für seine Stiefmutter, die Königin Johanna, die schuldige Ehrerbietung zu haben, den Vornehmen ihre Rechte zu wahren, die Lasten der Unterthanen zu erleichtern, die Auflagen ohne äußerste Noth nicht zu erhöhen, Allen, ohne Ansehen der Person, Recht und Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, und bei Verwaltung des Reiches, das er ihm in weit größerm Umfange als iemals hinterlasse, stets des höhern Richters eingedenk zu bleiben. Als seine letzte Stunde kam, segnete er noch einmal seine Kinder, nahm die Sterbkerze in die Hand, ließ die Litanei beten, dann das Te Deum anstimmen, und gab so seinen Geist in die Hände seines Schöpfers auf am 30. Mai 1252 im 53. Jahre seines Lebens, und im 35. seiner Regierung. Seine Ruhestätte erhielt er in der königlichen Capelle der Kathedralkirche zu Sevilla, wo jetzt noch sein Leib in einem schönen Sarge ruht. Sein Grab wurde durch Wunder verherrlicht, worauf Papst Clemens X. ihn unter die Zahl der Heiligen setzte, und auch dem Mart. Rom. sein Name einverleibt wurde. – Von der heil. Kunst wird König Ferdinand dargestellt mit den Zeichen königlicher Würde, ein Kreuz auf der Brust. Oder er hat eine Muttergottes-Statue im Arme, weil er stets ein Bildniß Mariens im Heere hatte, und ein solches auf der Brust trug, das er, wenn es in die Schlacht ging, an den Sattelbogen hing. Manchmal wird der Heilige mit einem Schwerte, einen Teufel zu seinen Füßen, dargestellt, wohl nur deßhalb, weil er die Feinde des christlichen Glaubens besiegte. Bei den Bollandisten ist den [195] Acten des Heiligen dessen Bild beigegeben. Dort trägt Ferdinand ein Schwert in der Rechten, das er aufwärts hält, eine Kugel in der Linken, Hermelin und eine Kette um die Schultern, herabwallendes Haar und eine Krone auf dem Haupte. – In mehreren Gegenden wird sein Fest sub ritu dupl. gefeiert, und findet sich daher in einigen Brevieren unter den Festen ex Indulto, wo er jedoch B. Ferdinandus genannt wird. (VI. 281.)


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Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 2. Augsburg 1861, S. 193-196.
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