Becket

[453] Becket, Thomas, geb. zu London 1119, wurde 1154 Archidiakon des Erzbischofs von Canterbury, bald darauf Kanzler des Königs Heinrich II. von England und 1162 Erzbischof von Canterbury. Als solcher änderte er seine bisher sehr weltliche Lebensweise in eine streng ascetische u. entwickelte eine große Thätigkeit als Primas von England. Mit seinem Könige gerieth er bald in Zwist, der sich aber erst durch die sogenannten Constitutionen von Clarendon zu einem entscheidenden Kampfe ausbildete. Durch jene Constitutionen nämlich wurde dem Klerus sein privilegirter Gerichtsstand entzogen, derselbe zum unbedingten Gehorsam gegen den Landesherrn verpflichtet, die letzte Entscheidung bei Streitigkeiten über das Patronatsrecht dem Landesherrn übertragen, die Reisen der Prälaten in das Ausland von der Erlaubniß des Königs abhängig gemachte dem König das Einkommen der vacanten Bisthümer und die Besetzung derselben zugesprochen u.s.w., es sollte also die Freiheit der Kirche dem Könige und dem hohen Adel zum Opfer gebracht werden, und wie die angelsächsischen Bauern und Bürger durch die normannische Militärherrschaft niedergetreten waren, so sollte nun auch die kirchliche Schranke gegen dieselbe fallen. B. widersprach u. mußte fliehen; durch die Vermittelung des Papstes 1170 zurückgekehrt konnte und durfte er doch nicht dem Könige zu Willen sein, wodurch dessen Groll nur gesteigert wurde. Einige Worte, die dem König im Zorn entfuhren, bestimmten 4 Edelleute den Erzbischof am 29. Dezbr. 1170 am Altare zu ermorden. Der König mußte nun, seiner Reue und der allgemeinen Stimme nachgebend, sich zur Kirchenbuße verstehen und die Clarendoner Artikel zurücknehmen. 1172 wurde B. als Martyrer für die Kirche canonisirt und sein Grab in der Kirche von Canterbury wurde ein fleißig besuchter und reichlich beschenkter Wallfahrtsort. Heinrich VIII., der Despote, welcher die Kirche plünderte und sich unterwarf, citirte den hl. B. vor sein Gericht wegen Widersetzlichkeit gegen den König, verurtheilte ihn als Hochverräther, nahm die Schätze [453] des Grabmals, ließ die Gebeine verbrennen und die Asche in die Winde streuen.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 1, S. 453-454.
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