Ehegüterrecht

[505] Ehegüterrecht, Man unterscheidet für die Wirkung der Ehe auf das Güterrecht der Ehegatten hauptsächlich 3 Systeme. 1) Das röm. Dotalsystem, nach welchem die Ehe an sich in dem Vermögensstand der Ehegatten nichts ändern soll. Die Frau bringt als Beitrag zu den Lasten der Ehe die dos ein, welche Eigenthum des Mannes wird, aber wieder an erstere zurückfällt. Das übrige Vermögen der Frau (Paraphernen) bleibt ihr sowie die Verfügung über dessen Verwaltung. Folge dieses Systems, daß eheliche Errungenschaft u. Rückschlag einzig den Mann berührt u. daß kein Ehegatte für die Schulden des andern haftet; 2) das System der Güterverbindung, zweier innerlich unterschiedener, aber äußerlich ungetrennter, durch die Verwaltung und Nutznießung des Mannes geeinter Güter: ursprünglich in Deutschland allgemein, jetzt noch in einem großen Theile, sowie in Oesterreich u. in dem Mehrtheile der Schweiz geltend. »Das Weibergut (Aussteuer, Mitgift, Gerade, Heirathsgut, Eingebrachtes u. Ererbtes) soll nicht schwinden noch wachsen.« Der Mann hat die Verwaltung und den Nießbrauch. Es fällt an sie zurück mit Auflösung der Ehe, kann während derselben versichert werden, genießt im Concurse privilegirte Vorrechte. Die Frau haftet nicht für des Mannes Schulden, hat aber auch an der ehelichen Errungenschaft in der Regel keinen Antheil. Aus Sorge für den überlebenden Ehegatten werden die Leibgedinge (Leibzucht, Witthum, vidualitium, Widerlage, dotalitium) bestellt. Die Ehegatten erbten gegenseitig früher die Jahrhabe, jetzt sehr verschieden etwa einen quotiellen Vermögenstheil; 3) das System der Gütergemeinschaft; scandinavischen Ursprunges, dann bei den Franken, gilt in vielen deutschen Städten und Landesgegenden, in Frankreich, Holland u. in einem Theile der Schweiz, bald als allgemeine, bald als particuläre Gütergemeinschaft, die sich nur auf gewisse Bestandtheile der ehelichen Güter (Jahrhabe, Errungenschaft) bezieht. Die Ehegatten werden als Ehegenossenschaft betrachtet u. haben Gesammteigenthum am gemeinen Gut, unter der vormundschaftlichen Verwaltung des Mannes. Die Errungenschaft wird in der Regel ebenfalls Gemeingut, ebenso die Schulden; doch hat die Frau bei Auflösung der Ehe das Abdicationsrecht, d.h. sie kann mit Ueberlassung des Gemeinvermögens an die Gläubiger sich der Schuldenhaft entbinden und so ihr Sondergut sowie künftigen Vermögenserwerb retten. Auch während der Ehe ist wegen Gefährdung gerichtliche Vermögenstrennung zulässig. Bei Auflösung der Ehe wird die Errungenschaft in Zweifel zu gleichen Theilen vertheilt; an der Hinterlassenschaft dem überlebenden Ehegatten ein ziemliches Erbrecht zu Eigenthum oder Nießbrauch eingeräumt.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 2, S. 505.
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