Fasten

[668] Fasten, das, lat. jejunium, frz. jeûne, engl. fasting, Beschränkung sinnlicher Genüsse besonders der Nahrungsmittel od. Verzichtleistung auf dieselben. F. ist in krankhaften Zuständen, namentlich in Verdauungskrankheiten, häufig das einfachste und wirksamste Mittel, um die Gesundheit zu erhalten und als freiwilliges Entsagen auf erlaubte Genüsse eine zu allen Zeiten und bei den gebildetsten Völkern verbreitete religiöse Uebung. Dieselbe rechtfertigt sich von selbst durch die allgemein bekannte Thatsache, daß F. auch die geistige Thätigkeit erhöht, die Sammlung des Gemüthes fördert und bei großer Erregtheit desselben, sei es in Freude oder Schmerz, sich von selbst ergibt. Die Religionen der alten Aegypter, Parsen, Griechen, Römer, sowie der Inder u. Mohammedaner zeigen, daß das F. nicht sowohl ein jüd. Gebrauch, als ein Ergebniß der Natur des Menschen überhaupt sei und durch die Religion seine höhere Bedeutung und Weihe erhalte. Das Beispiel Jesu und aller Heiligen nebst zahlreichen Bibelstellen sprechen für die F.gebote der Kirche nachdrücklich, die Stellen Matth. 6, 16; 15, 11. Luk. 10, 7 ff. I Kor. 10, 25 u.a.m. nur in Folge einseitiger und willkürlicher Erklärung dagegen. Den Mohammedanern ist das F. im Monat Ramasan 30 Tage vom Morgen bis Abend vorgeschrieben, die heutigen Juden haben 5 Hauptfasttage, unter den Christen fasten die griech. am strengsten. Vom Montag nach Sexagesimä bis zum Sonntag Quinquagesimä dürfen die Griechen Butter, Eier, Käse und Milch genießen, von da bis Ostern aber nicht mehr und nur an Sonnabenden und Sonntagen Wein und Oel. An Mariä Verkündigung u. Palmsonntag ist Fleisch, die 3 letzten Tage vor Ostern höchstens Wasser und Brod erlaubt. Vom 1.–15. August wird zu Ehren der hl. Jungfrau gefastet u. der Genuß von Fischen, Oel u. Wein verboten, in den Weihnachtfasten vom 15. Novbr. bis 24. Dezbr. ist er aber erlaubt. Außerdem hat man an jedem Mittwoch und Freitag, dann vom ersten Montag nach Pfingsten, so viele Tage als zwischen Ostern und dem 2. Mai sind, Fasttag u. dazu außerordentliche F. An den meisten Fasttagen ist das Branntweintrinken gestattet. In der kathol. Kirche ist völlige Nüchternheit während einer bestimmten Frist vor dem Genusse des hl. Abendmahles Jedem geboten sowie Einhaltung der 40tägigen Fastenzeit vom Aschermittwoch bis Ostern. Während derselben sowie an jedem Freitage des Jahres ist namentlich der Genuß von Fleisch und Blut warmblütiger Thiere, jedoch nicht der Wasserthiere verboten. Näheres bestimmt für jede Diöcese das F.mandat, welches der Bischof vor Beginn der 40täg. Fasten in jeder Kirche verlesen läßt. Die F. von Pfingsten bis Johanni sowie von [668] Martini bis Weihnachten sind sammt den sog. Quatemberfasttagen, welche jedes Vierteljahr ein treffen, den F. an Vorabenden großer Feste und an Mittwochen oder Samstagen fast nur noch in Klöstern üblich. Das F. hat verschiedene Grade der Enthaltsamkeit, abstinentia: im allgem. gilt als vollkommenes F. der Genuß von nur einer vollständigen Mahlzeit täglich u. zwar mit Ausschluß von Fleisch (im Süden auch von Eiern, Milchspeisen u. Käse), als unvollkommenes der tägl. Genuß von 2 mäßigen Mahlzeiten ohne Fleisch und Eier oder eine mit diesen oder eine Mahlzeit u. frugales Abendessen, collatio vespertina. Uebrigens herrscht hierin eine große Mannigfaltigkeit; während die Karthäuser bereits das ganze Jahr fasten u. nur Pflanzenstoffe ohne Fett genießen, ertheilen F. dispensen die 4 sog. justae causae. Unmöglichkeit, Noth, Arbeit und geistliche Wohlthätigkeit sowie die geistl. Vorsteher mit Ausnahme der Aebtissinen und der Beichtväter, welche nicht zugleich Pfarrer sind. Die Reformatoren ließen das F. als Mittel äußerer Zucht gelten, doch ist es in protestant. Gegenden allmälig ganz außer Gebrauch gekommen.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 2, S. 668-669.
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