Geburtshilfe

[31] Geburtshilfe, im weiteren Sinne umfaßt auch die Hebammenkunst, d.h. die gewöhnliche Hilfe bei regelmäßigen Geburten; dieselbe ist uralt und schon Moses spricht von den Hebammen als einem bei den Israeliten altherkömmlichen Institut; G. im engern Sinne begreif: die ärztliche Hilfe bei regelwidrigen Geburten (s. Geburt); darüber gibt Hippokrates (436) die ersten Nachrichten. Celsus lehrte die Wendung auf die Füße und die Zerstücklung des Kindes. Das Gesetz, schwangere Frauen, wenn sie in der letzten Zeit ihrer Schwangerschaft sterben, sogleich zu öffnen, um möglicher Weise das Kind noch am Leben zu erhalten, ist bei den Römern uralt. Der erste bekannte Fall, daß ein Kind auf diese Weise gerettet wurde, fällt in das 10. Jahrh. (ein Graf Burkard vom Linzgau). Dagegen kommt erst im 15. Jahrh. die erste beglaubigte Nachricht eines an einem Lebenden mit Glück vollbrachten Kaiserschnitts. Ums Jahr 1513 schrieb Eucharius Rößlin, Arzt zu Worms, das erste Hebammenbuch »der schwangern Frawen u. Hebammen Rosengarten«, Köln, 4. mit Holzschnitten. Es versteht sich, daß insbesondere die Wundärzte zu allen Zeiten es waren, welche auch die G. zu fördern suchten, s. Chirurgie. Zu den Förderern der G. gehören besonders: Vesalius als Bearbeiter der geburtshilflichen Anatomie: Ambrosius Paré, Caspar Bauhin, Fabricius ab Aquapendente; William Harvey der Entdecker des Kreislaufs. 1723 legte Johann Palfyn, Wundarzt zu Gent, der Akademie zu Paris 2 stählerne Löffel (tire tête) vor, die Geburtszange, das wichtigste geburtshilfl. Instrument, das innerhalb 100 Jahren eine ungeheure Masse von Veränderungen erlitten hat. Im 18. Jahrh. erst erkannte zuerst Fielding Ould 1742 den wahren Vorgang, den der Kopf des Kindes bei der regelmäßigen Geburt nimmt, doch erst in diesem Jahrh. durch den berühmten Lehrer der G. Franz Karl Nägele in Heidelberg wurde dieses Kapitel vollendet. Berühmteste Geburtshelfer des vor. Jahrh.: Smellie, Solayrez de Renhac, Saxtorf, Denman, Stark, Boër. In diesem Jahrh.: Fr. Benjamin Osiander, Siebold, Wigand, Schmitt, Froriep, Jörg, Stein, Baudeloque Maggrier, Busch, DʼOutrepont, Fr. Karl Nägele.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 31.
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