Hoher Priester

[331] Hoher Priester, das sichtbare Oberhaupt der jüdischen Theokratie und der oberste Vermittler des Bundes zwischen Jehova und Israel, hatte den Eintritt ins Allerheiligste, mußte die große Sühne am Versöhnungstag vornehmen, Gott durch das Urim u. Thummim befragen, die Oberaufsicht über Gottesdienst und Schatz des Heiligthums führen und hatte den Vorsitz beim obersten Gericht, später beim Synedrium. Seine Kleidung war eine zwiefache; die sog. goldene bestand hauptsächlich aus einem ringsum geschlossenen Oberkleide von dunkelblauem Byssus, welches nur für den Kopf und die Arme Oeffnungen hatte, ärmellos, unten am Saume mit goldenen Glöckchen und künstlichen Granatäpfeln; über diesem Oberkleide (Meʼil) das wichtigste Gewandstück, das Ephod, ein Schulterkleid, ähnlich der kostbaren innersten Decke des Zeltes, aus 2 Stücken bestehend, die den Vorderleib und Rücken bedeckten; dazu der Brustschild, in den das Urim und Thummim gelegt werden sollte, 4eckig, auf der Vorderseite 12 verschiedene Edelsteine. Kopfbedeckung eine Art Turban, von dem der Priester durch eine goldene Platte unterschieden, die theils am Turban theils auf der Stirne auflag; die 3fache goldene Krone kam erst spät. Die Amtskleidung am Versöhnungstage, die sog. weiße, war die der Priester überhaupt, doch behielt der H. P. seine Kopfbedeckung auf. Die Einweihung des H. P. war im Ganzen ebenfalls der der Priester gleich, doch wurde er mit Salböl nicht nur gesalbt, sondern begossen; nach dem Exil konnte nur [331] noch Einweihung stattfinden. Aaron war der erste H. P.; aus seinem Geschlechte und zwar in männl. Linie und aus einer gesetzmäßigen Verbindung sollte der H. P. sein, dazu ohne leibliche Gebrechen. Vor dem Königthum und zur Zeit der Makkabäer waren die H. P. mächtig, unter den syrischen Königen wurde die Würde käuflich, unter den Idumäern und später machte man unbedeutende Personen zu H. P. und sah zumeist darauf, daß sie keine Opposition gegen die Regierung anfingen; da von Herodes d. Gr. bis zur Zerstörung Jerusalems 26 H. P. functionirten, darf man auf Lust zum Opponiren schließen. Ueber das Hohepriesterthum im christl. Sinne s. Christus, Kirche, Priester, Primat.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 331-332.
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